Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Ehesache. Kein Abschlag bei einverständlicher Scheidung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Festsetzung des Streitwertes für eine Ehesache sind von dem Nettoeinkommen der Eheleute 300 EUR je Kind abzusetzen, aber das Kindergeld ist gegenzurechnen. Es ist kein Abschlag bei einverständlicher Scheidung vorzunehmen.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 2-3
Verfahrensgang
AG Nauen (Beschluss vom 21.09.2006; Aktenzeichen 23 F 14/06) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Wert des Scheidungsverfahrens wird anderweitig auf 7.662 EUR festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde ist gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR. Dabei bemisst sich die Beschwer, nachdem das AG den Wert für das Scheidungsverfahren auf 8.100 EUR festgesetzt hat, nicht nach der Kostenersparnis, die eintreten würde, wenn die Kosten nach einem Streitwert von 7.095 EUR, wie vom Antragsteller berechnet festgesetzt würden. Denn der vom Antragsteller genannte Betrag von 7.095 EUR beruht offenbar auf einem Rechenfehler. In seinem letzten Rechenschritt macht er, da es sich um eine einverständliche Scheidung handelt, von dem zuvor ermittelten Wert von 7.350 EUR einen Abschlag von 25 %. Auf diese Weise ergibt sich aber nicht der von ihm genannte Betrag von 7.095 EUR, sondern ein solcher von 5.513 EUR (= 7.350 EUR × 75 %). Die Kostenersparnis, die sich für den Antragsteller ergäbe, wenn der Streitwert sich nicht auf 8.100 EUR, sondern auf 5.513 EUR belaufen würde, übersteigt einen Betrag von 200 EUR.
Bei einem Streitwert von 8.100 EUR, wie vom AG errechnet, beträgt eine Gerichtsgebühr nach der Anlage 2 zu § 34 GKG 181 EUR. Angefallen sind zwei Gebühren nach KV 1310. Nach der Kostenentscheidung im Urteil des AG vom 21.9.2006 sind die Kosten gegeneinander aufgehoben worden sind. Also hat nach § 92 Abs. 1 ZPO jede Partei die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen. Auf den Antragsteller entfällt somit eine Gebühr i.H.v. 181 EUR. Die Kostenaufhebung hat weiter zur Folge, dass der Antragsteller seine Anwaltskosten selbst zu tragen hat. Eine Gebühr beträgt nach der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG 449 EUR. Angefallen sind 2,5 Gebühren (1,3 Verhandlungsgebühr und 1,2 Terminsgebühr, VV 3100 und 3104). Unter Berücksichtigung der Portopauschale von 20 EUR und der Mehrwertsteuer von seinerzeit 16 % errechnen sich Anwaltskosten von 1.325,30 EUR [= 2,5 × 449 EUR +20 EUR) × 1,16]. Insgesamt hat der Antragsteller Kosten von 1.506,30 EUR (= 181 EUR +1.325,30 EUR) zu tragen.
Beliefe sich der Streitwert hingegen nur auf 5.513 EUR, so wäre von geringeren Gebühren nach den Anlagen 2 zum GKG und zum RVG auszugehen. Eine Gerichtsgebühr würde sich dann auf 136 EUR belaufen. Hinzuzusetzen wären Anwaltskosten von 1.003,40 EUR [= 2,5 × 338 EUR +20 EUR) × 1,16]. Der Antragsteller wäre folglich mit Kosten von 1.139,40 EUR (= 136 EUR +1.003,40 EUR) belastet.
Die Differenz zwischen 1.506,30 EUR und 1.139,40 EUR beläuft sich auf 366,90 EUR. Die Mindestbeschwer von 200 EUR ist somit überschritten.
II. Die Beschwerde ist zum Teil begründet. Der Wert für das Scheidungsverfahren ist anderweitig auf 7.662 EUR festzusetzen.
1. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG ist in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insb. des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen. Handelt es sich bei der nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit um eine Ehesache, ist nach § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist vorliegend unstreitig ein Gesamteinkommen der Parteien von 2.700 EUR (= 1.600 EUR +1.100 EUR) in die Berechnung einzustellen.
2. Dieses monatliche Gesamteinkommen ist aber entgegen der Auffassung des AG nicht sogleich mit drei zu multiplizieren. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Parteien ein gemeinsames minderjähriges Kind haben. In einem solchen Fall ist wegen der Unterhaltspflicht ein Abschlag vom Einkommen vorzunehmen (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, § 6, Rz. 284). Anzusetzen ist für jedes unterhaltsberechtigte Kind grundsätzlich ein Betrag von 300 EUR (so auch OLG Hamm v. 27.1.2006 - 11 WF 333/05, OLGReport Hamm 2006, 241 = FamRZ 2006, 718; OLG Hamm v. 10.2.2006 - 11 WF 293/05, FamRZ 2006, 806, 807; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3, Rz. 16 "Ehesache"; 250 EUR werden angesetzt von OLG Karlsruhe v. 23.2.2006 - 5 WF 31/06, FamRZ 2006, 1055; OLG Düsseldorf v. 13.1.2006 - II-3 WF 298/05, OLGReport Düsseldorf 2006, 358 = FamRZ 2006, 807; OLG Nürnberg v. 24.10.2005 - 7 WF 942/05, MDR 2006, 597 = OLGReport Nürnberg 2006, 322; OLG Schleswig v. 24.2.2005 - 8 WF 33/05, OLGReport Schleswig 2005, 370; zu den Beträg...