Leitsatz (amtlich)
1. Die Zuständigkeitsregelung des § 187 Abs. 1 FamFG wird in allen Fällen der Annahme eines Volljährigen auch dann, wenn ausländisches Sachrecht zur Anwendung kommt, nicht von § 187 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 AdWirkG verdrängt.
2. Erörtert das abgebende Gericht den naheliegenden § 187 Abs. 4 FamFG nicht einmal im Ansatz, so kann dies zur Durchbrechung der Bindungswirkung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 FamFG führen.
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 56 F 7/19) |
AG Brandenburg (Aktenzeichen 47 AR 3/19) |
Tenor
Zum zuständigen Gericht wird das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt (Oder) bestimmt.
Gründe
1. Gegenstand des dem Zuständigkeitsstreit zugrunde liegenden Verfahrens ist eine Volljährigenadoption.
Der (mindestens) 21 Jahre alte Anzunehmende ist afghanischer Staatsangehöriger. Er ist seit rund drei Jahren in dem gastronomischen Gewerbebetrieb der Beteiligten zu 2. und 3., deren Ehe kinderlos geblieben ist, beschäftigt. Eingehend beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) am 8. August 2019 beantragten die Verfahrensbeteiligten gestützt auf den zur UR-Nr. ... des Notars M beurkundeten Adoptionsantrag vom... 2019 den Ausspruch der Annahme des Anzunehmenden durch die Annehmenden zu 2. und 3.
Nach Anhörung der Beteiligten hat sich das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 22. August 2019 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht - Familiengericht - Brandenburg an der Havel verwiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Adoptionswirkungsgesetzes entsprechend anzuwenden sei, wenn in Verfahren nach § 186 FamFG ausländische Sachvorschriften zur Anwendung gelangten (§ 187 Abs. 4 FamFG); danach sei das Amtsgericht - Familiengericht - Brandenburg an der Havel (als Konzentrationsgericht) örtlich zuständig.
Mit Beschluss vom 11. September 2019 hat sich das Amtsgericht - Familiengericht - Brandenburg an der Havel ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Akten dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
2a. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 5 Abs. 1 FamFG durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil es für die am Kompetenzkonflikt beteiligten Familiengerichte an den Amtsgerichten in Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel das nächsthöhere gemeinsame Gericht ist.
Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG liegen vor. Die an dem Kompetenzkonflikt beteiligten Amtsgerichte - Familiengerichte haben sich "rechtskräftig" für unzuständig erklärt, das Amtsgericht Frankfurt (Oder) durch den - nach § 3 Abs. 3 Satz 1 FamFG unanfechtbaren - Verweisungsbeschluss vom 22. August 2019 und das Amtsgericht Brandenburg an der Havel durch den die eigene örtliche Zuständigkeit gleichfalls leugnenden und damit die Übernahme - mit Begründung - ablehnenden Beschluss vom 11. September 2019. Beide Beschlüsse sind den Beteiligten auch jeweils bekannt gegeben worden.
b) Zuständig für den Annahmeantrag der Beteiligten ist das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt (Oder).
Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes richtet sich, auch wenn ausländisches Sachrecht zur Anwendung kommt, nur dann nach § 187 Absatz 4 FamFG in Verbindung mit § 5 AdWirkG, wenn der Annehmende zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, weil § 1 Satz 2 AdWirkG den Anwendungsbereich des Gesetzes grundsätzlich auf Minderjährigenadoptionen beschränkt (im Grunde einhellige Meinung in Literatur und Rechtsprechung, vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2019, 905; OLG Bremen, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az. 4 AR 4/15; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 658; OLG Köln FamRZ 2011, 311 OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 59 - zur aktuellen Rechtslage nach § 187 FamFG OLGR München 2009, 220; OLGR Rostock 2008, 62; OLG Schleswig FamRZ 2006, 1462 - jeweils zum (inhaltsgleichen) alten Recht nach § 43 b Abs. 2 Satz 1 FGG, sämtlich zitiert nach juris; Keidel, § 199 Rdnr. 27; Prütting/Helms, § 187 Rdnr. 8 i.V.m. § 199 Rdnr. 11; Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl., § 187 Rdnr. 10; Musielak/Borth, § 187 Rdnr. 4; Bork/Jakoby/Schwab, FamFG, 3. Aufl., § 187 Rdnr. 14; Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl., § 187 Rdnr. 7).
Die Zuständigkeitsregelung des § 187 Abs. 1 FamFG wird also in allen Fällen der Annahme eines Volljährigen nicht von § 187 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 AdWirkG verdrängt. Zuständig für den Annahmeantrag des Beteiligten zu 1. ist folglich nach §§ 187 Abs. 1, 186 Nr. 1 FamFG das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt (Oder), in dessen Bezirk sowohl der Anzunehmende als auch die Annehmenden ihren Wohnsitz haben.
c) Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel ergibt sich auch nicht als Folge des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. August 2019, weil diesem Beschluss Bindungswirkung nicht beigemessen werden kann.
Zwar sind im Interesse der Verfahrensökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeit...