Verfahrensgang

AG Nauen (Urteil vom 09.05.2005; Aktenzeichen 23 F 93/03)

 

Tenor

Der Antragstellerin wird die für den zweiten Rechtszug beantragte Prozesskostenhilfe versagt.

 

Gründe

Die von der Antragstellerin beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist ihr zu versagen, da die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des AG Nauen vom 9.5.2005 - 23 F 93/03 - aus den im Wesentlichen Kern zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Das AG hat der derzeit arbeitslosen Antragstellerin ein fiktives Erwerbseinkommen zugerechnet, durch das sie ihren angemessenen nachehelichen Unterhaltsbedarf in vollem Umfang selbst zu decken in der Lage ist. Das hält einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat stand.

Dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten für die Deckung ihres Unterhaltsbedarfs gem. § 1569, 1573 Abs. 2, 1574 BGB folgend ist die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit nicht an Hand des tatsächlichen Einkommens des Bedürftigen sondern seiner Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zu beurteilen. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte zur Bedarfsdeckung nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (§ 1577 Abs. 1 BGB), soweit dem - wie hier - keine besonderen Umstände, wie z.B. Kinderbetreuung, Krankheit oder Alter entgegenstehen. Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er bei gutem Willen erzielen könnte, auch tatsächlich hätte.

So liegt der Fall hier.

Zu Recht hat das AG der Antragstellerin bei der Beurteilung ihrer Bedürftigkeit fiktive Erwerbseinkünfte unterstellt, da bereits die ehelichen Lebensverhältnisse durch ihre Erwerbseinkünfte geprägt waren und die von der Antragstellerin behaupteten Bewerbungen den quantitativen als auch qualitativen Anforderungen an eine gehörige Erwerbsbemühung nicht genügen.

Die von der Antragstellerin vorgelegten Bewerbungen lassen nicht erkennen, dass sie sich auf konkrete Stellenangebote beworben hat. Ohne konkreten Bezug auf eine die Darstellung des eigenen beruflichen Werdeganges, die eigene berufliche Qualifikation und Vortätigkeiten sind sie inhaltlich nicht geeignet, eine ernsthafte Erwerbsbemühung darzustellen.

Soweit die Antragstellerin in ihren Berufungsentwurf die Ansicht vertritt, dass an das "Layout" von Bewerbungen für Produktionstätigkeiten nicht dieselben Anforderungen gestellt werden könnten als bei Bewerbungen für "qualifiziertere" Arbeitsaufgaben, kann dies dahinstehen. Gerade in Zeiten höherer Arbeitslosigkeit ist von dem Arbeitssuchenden, der sich ernsthaft um eine Anstellung bemüht, zu erwarten, dass er - selbst im Geringverdienerbereich - seine Bewerbung besonders ansprechend gestaltet und individuell auf eine konkret beworbene Stelle ausrichtet, da gerade bei einem den Bedarf übersteigenden Angebot von Bewerbungen nicht damit zu rechnen ist, dass formelhafte Standardtexte beachtet werden.

Nach all dem ist bei der Bedarfsberechnung der Antragstellerin von einem fiktiv anzurechnenden Nettoeinkommens auszugehen, dass der Senat angesichts der bei der Akte befindlichen Einkommensbelege aus ihrer vorangegangenen Erwerbstätigkeit mit 1.300 EUR schätzen konnte. Dabei hat der Senat an ihre monatlichen Bruttoeinkünfte im Kalenderjahr 2003 angeknüpft und die für 2005 zu erwartenden Steuern sowie Sozialabgaben abgesetzt.

Diese fiktiven Einkünfte der Antragstellerin sind der Bedarfsberechnung zugrunde zu legen (vergleiche hierzu Palandt/Brudermüller, BGB-Kommentar, 63. Aufl., Rz. 21 zu § 1573; Rz. 4 zu § 1578, m.w.N.).

Weiterhin sind hiervon bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen von 5 % ein Erwerbstätigenbonus i.H.v. 10 % (vergleiche hierzu Ziff. 10. 2.1, 15.2 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg) sowie der Tabellenunterhaltsbetrag für das gemeinsame minderjährige Kind - in Abzug zu bringen. Ebenso wie die Aufwendungen für die Betreuung hat auch der für das Kind aufzubringende Barunterhalt die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt.

Mithin ergibt sich bis zum 30.6.2005 ein Einsatzbetrag i.H.v. 776,20 EUR nach folgender Berechnung:

  • fiktives Erwerbseinkommen 1.300 EUR
  • abzgl. pauschale berufsbedingte Aufwendungen: 65 EUR
  • abzgl. Erwerbstätigenbonus: 123,50 EUR
  • abzgl. Tabellenunterhaltsbetrag Kindesunterhalt: 284 EUR

Einsatzbetrag: 827,50 EUR

Wegen der Änderung des Regelbetrages vermindert sich dieser Einsatzbetrag ab 1.7.2005 auf 820,50 EUR.

Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt würde, dass diese sich den Vortrag des Beklagten bezüglich seines unbereinigten Nettoeinkommens von monatlich 1.638 EUR zu eigen macht und die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten aus dem Kreditvertrag vom 8.2.2000 vollkommen unberücksichtigt blieben, würde dem allemal folgendes anrechenbares Einkommen des Beklagten bis 30.6.2005 gegenüberstehen:

  • Nettoeinkommen: 1.638 EUR
  • abzgl. 5 % pauschale berufsbedin...

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