Leitsatz (amtlich)

1. Ein nach § 17a GVG ergangener rechtskräftiger Verweisungsbeschluss ist für das zugewiesene/aufnehmende Gericht hinsichtlich des Rechtsweges bindend und einer weiteren Überprüfung - insbesondere analog § 5 Abs. 1 Ziffer 4 FamFG oder § 36 Abs. 1 Ziffer 6 ZPO grundsätzlich entzogen.

2. Zur Beurteilung des Streits um die Kündigung eines Darlehens während des laufenden Scheidungsverfahrens als sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 14 O 48/18)

 

Tenor

1. Eine Entscheidung über den Kompetenzkonflikt wird abgelehnt.

2. Lediglich klarstellend wird festgehalten, dass das Amtsgericht - Familiengericht - Strausberg aufgrund bindender Verweisung zuständig ist.

 

Gründe

1. Die vom Amtsgericht - Familiengericht Strausberg vorgenommene Vorlage an das Brandenburgische Oberlandesgericht ist bereits unstatthaft, so dass allein deshalb eine Entscheidung des Senates über den negativen Kompetenzkonflikt nicht veranlasst ist.

Nach dem durch das FGG-RG zum 1. September 2009 eingefügten § 17a Abs. 6 GVG erstrecken sich bei Antragsverfahren die Vorschriften zur Entscheidung über den Rechtsweg in § 17a Absätze 1 bis 5 GVG für die Bereiche der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch auf die Streitigkeiten über die Zuständigkeit zwischen dem Landgericht in Zivilsachen und dem Amtsgericht - Familienabteilung.

Für den hier vorliegenden Fall, dass sich ein angerufener Spruchkörper durch Beschluss nach § 17a Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 GVG für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an eine andere Abteilung verwiesen hat, eröffnet § 17a Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 3 GVG den betroffenen Parteien/Beteiligten das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Wird - wie hier - ein solches Rechtsmittel nicht eingelegt (der Beschluss des LG Frankfurt/Oder vom 3. Mai 2018 ist den Parteien/Beteiligten jeweils am 22. Mai 2018 zugestellt worden, Bl. 45 f.), besteht aus der maßgeblichen Perspektive der Beteiligten kein weitergehendes Bedürfnis dafür, die Frage der funktionellen Zuständigkeit gleichwohl auf Veranlassung desjenigen Spruchkörpers überprüfen zu lassen, an den der Rechtsstreit verwiesen worden ist bzw. der ohne die Bindungswirkung zu beachten die Verfahrensakten dem verweisenden Gericht zurückgeleitet hat.

Demgemäß stellt § 17a Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 GVG ausdrücklich klar, dass der nach § 17a GVG ergangene Beschluss, mit dem ein Gericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verweist, einer weiteren Überprüfung entzogen ist, sobald er unanfechtbar geworden ist; ein solcher rechtskräftiger Verweisungsbeschluss ist für das zugewiesene/aufnehmende Gericht (hinsichtlich des Rechts-weges) bindend. Für eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 1 Ziffer 4 FamFG oder § 36 Abs. 1 Ziffer 6 ZPO für negative Kompetenzkonflikte zwischen Zivilabteilung und Familiengericht besteht daher nach Auffassung des Senates grundsätzlich kein Bedürfnis (Senat, Beschl. v. 10. August 2017 - 9 AR 6/17; OLG Hamm, FamRZ 2010, 2089; Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 36 Rdnr. 31). Nach anderer Ansicht soll - ausnahmsweise - zur Wahrung einer funktionierenden Rechtspflege der Umstand der Rechtskraft und damit verbundenen Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses jedenfalls dann nicht einer Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG oder § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entgegenstehen, wenn es zu Zweifeln über die Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen kommt und deshalb zu besorgen ist, dass das Verfahren nicht mehr ordnungsgemäß betrieben wird, weil keines der beteiligten Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten (BGH, Beschluss vom 26. Juli 2005, Az. X ARZ 210/05; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 958; OLG Braunschweig FamRZ 2012, 1816 - jeweils zitiert nach juris und mit weiteren Nachweisen). Diese Auffassung kann nicht überzeugen, weil die Anrufung des von der Verweisung angegangenen nächst höheren gemeinsamen Gerichts in entsprechender Anwendung der genannten Vorschriften nur Ausdruck einer - aus den dargestellten Rechtsgründen gerade nicht zutreffenden - Auffassung dahin ist, dass auch bindende Verweisungsbeschlüsse nach § 17a GVG einer weitergehenden Überprüfung zugeführt werden können. Die Annahme, das von einer Rechtswegverweisung betroffene Gericht werde das Verfahren nicht ordnungsgemäß betreiben, wenn das um die Entscheidung des Kompetenzkonfliktes angegangene Gericht diese Entscheidung unter Hinweis auf die Bindungswirkung des rechtskräftigen Verweisungsbeschlusses nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG von vornherein ablehnt, ist durch nichts gerechtfertigt.

2. Selbst wenn man aber der Ansicht folgen wollte, dass auch bei Rechtswegverweisungen nach § 17a GVG weiterhin ein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bestehen kann, so fehlt es für die analoge Anwendung dieser Vorschrift im Streitfall j...

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