Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsetzung einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Anordnungen zum Versorgungsausgleich können allein durch eine gerichtliche Entscheidung getroffen werden. Die Vereinbarung der Eheleute über den Versorgungsausgleich bedarf jedenfalls der Umsetzung durch die gestaltende Anordnung des Gerichts.
Normenkette
VersAusglG §§ 6-8
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 21 F 154/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin werden der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 19. Juni 2019 und das Verfahren aufgehoben, soweit der Beschluss in Nr. 2 der Entscheidungsformel den Versorgungsausgleich betrifft. Die Versorgungsausgleichssache wird an das Amtsgericht Nauen zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe
Neben der nicht angefochtenen Scheidung der Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners ist allein die Versorgungsausgleichssache Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Nach den eingeholten Auskünften der beteiligten Versorgungsträger erwarb die Antragstellerin während der Ehezeit Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Antragsgegner erwarb Versorgungsanwartschaften als Landesbeamter.
Die Eheleute schlossen in der mündlichen Verhandlung über die Scheidung und die Folgesachen einen vom Amtsgericht protokollierten Vergleich: Sie seien darüber einig, das Anrecht des Antragsgegners mit dem Anrecht der Antragstellerin zu verrechnen, so dass das Anrecht des Antragsgegners "gekürzt" werde. Zu dessen Lasten werde ein im Vergleich beziffertes Anrecht der Antragstellerin begründet, während der Ausgleich ihrer Anrechte unterbleibe. Auf das Protokoll des Amtsgerichts vom 19. Juni 2019 (Seite 3 = Bl. 37) wird verwiesen.
Das Amtsgericht hat - neben der Scheidung der Ehe - ausgesprochen: "Ein Versorgungsausgleich findet nach der geschlossenen Vereinbarung statt."
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie meint, das Amtsgericht habe nicht auf den Vergleich verweisen dürfen, sondern es hätte die Einigung im vollen Wortlaut oder sinngemäß in die Entscheidungsformel übernehmen müssen.
Wegen des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und auf die Anlagen verwiesen.
Der Senat entscheidet - wie angekündigt (Vfg. v. 9. August 2019, Bl. 64) - ohne mündliche Verhandlung (§ 68 III 2 FamFG). Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen. Von einer mündlichen Verhandlung ist ein Erkenntnisfortschritt nicht zu erwarten.
Die Beschwerde führt zur Aufhebung des Ausspruches, der den Versorgungsausgleich betrifft. Insoweit wird die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen, weil es in der Sache noch nicht entschieden hat (§ 69 I 2 FamFG).
Anordnungen zum Versorgungsausgleich können allein durch eine gerichtliche Entscheidung getroffen werden. Das Gericht überträgt oder begründet Anrechte (§§ 10 I, 14 I VersAusglG), oder es stellt fest, der Versorgungsausgleich finde insgesamt nicht statt oder bestimmte Anrechte würden nicht ausgeglichen (§ 224 III FamFG), um auf diese Weise die Reichweite der Rechtskraft der Entscheidung deutlich werden zu lassen. Eine Verfügung der Beteiligten über die bei der Scheidung auszugleichenden Anrechte ist nicht möglich. Die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich (§ 6 VersAusglG) bedarf der formellen (§ 7 VersAusglG) und materiellen (§ 8 VersAusglG) Überprüfung durch das Gericht, das sodann - gebunden an eine wirksame Vereinbarung (§ 6 II VersAusglG) - den Ausgleich anordnet. Die Übertragung oder Begründung von Anrechten geschieht entgegen dem missverständlichen Wortlaut des § 8 II VersAusglG nicht durch die Vereinbarung, sondern auf Grund der Vereinbarung durch die Entscheidung des Gerichts. Anders könnte der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle und dem Ausschluss übervorteilender Manipulationen nicht Geltung verschafft werden. Die Vereinbarung der Eheleute bedarf jedenfalls der Umsetzung durch die gestaltende Anordnung des Gerichts (OLG Frankfurt a.M., NJOZ 2019, 759, Rdnr. 16; OLG Koblenz, BeckRS 2017, 136342, Rdnr. 10; BeckOGK-VersAusglG-Reetz, Stand: Aug. 2019, § 8 Rdnr. 133; BeckOK-BGB-Bergmann, Stand: Aug. 2019, § 6 VersAusglG Rdnr. 16; MüKo-FamFG-Stein, 3. Aufl. 2018, § 224 Rdnr. 7). Ob für Anrechte außerhalb öffentlich-rechtlicher Sicherungssysteme etwas anderes gelten kann (so Erman-Norpoth/Sasse, BGB, 15. Aufl. 2017, § 6 Rdnr. 9), bedarf hier keiner Entscheidung, weil allein öffentlich-rechtlich geregelte Anrechte Gegenstand des Verfahrens geworden sind, nämlich Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Beamtenversorgung.
Das Amtsgericht hat mit seinem Verweis auf die Vereinbarung, die zudem in den Gründen der Entscheidung nicht wiedergegeben wird, die ihm obliegende Entscheidung über die Übertragung oder Begründung von Anrechten oder über das Absehen von solchen Anordnungen gerade nicht getroffen. Es hat nicht nur die Prüfungen unterlassen, die es nach den §§ 7 und 8 VersAusglG hätte anstellen müssen, sondern es hat d...