Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob für vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Besitzeinweisungsbeschluss der Enteignungsbehörde auf Grundlage eines straßenrechtl. Planfeststellungsverfahrens der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet oder die Zuständigkeit der VG gegeben ist
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Beschluss vom 25.08.2010) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des LG Neuruppin vom 25.8.2010 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 3. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 90 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren der sofortigen Beschwerde darum, ob für den vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Besitzeinweisungsbeschluss der Enteignungsbehörde auf der Grundlage eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist oder die Gerichte für Baulandsachen zuständig sind.
Die Beteiligte zu 1. begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen den von der Beteiligten zu 2. zur Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses vom 11.1.2010 für den Aus- und Umbau der Autobahn A 1 .../A. am Autobahndreieck S. beantragten und vom Beteiligten zu 3. als Enteignungsbehörde erlassenen, gem. § 18 f. Abs. 6a FStrG sofort vollziehbaren Beschluss vom 29.7.2010 über die vorzeitige Einweisung in den Besitz einer Teilfläche von ca. 24 m2 des Flurstücks 24, Flur 5, und einer weiteren Teilfläche von ca. 553 m2 des Flurstücks 136, Flur 6, in der Gemeinde P., Gemarkung S. Nach Anhörung der Beteiligten hat das von der Beteiligten zu 1. angerufene LG, Kammer für Baulandsachen, mit dem angefochtenen Beschluss die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten - Kammern für Baulandsachen - ausgesprochen und den Rechtsstreit an das OVG Berlin-Brandenburg verwiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3., der das LG nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten - Kammern für Baulandsachen - festgestellt und den Rechtsstreit an das OVG Berlin-Brandenburg verwiesen.
Bei dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung gegen einen zur Vollziehung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses ergangenen Besitzeinweisungsbeschlusses handelt es sich nicht um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, für die nach § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist, sondern um eine der Zuständigkeit der VG unterliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird (GmS-OGB, Beschlüsse vom 10.4.1986 - GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f.; BVerwG, Beschl. v. 2.5.2007 - 6 B 10.07 - BVerwGE 129, 9 f., Rz. 4; BGH, Beschl. v. 20.5.2009 - XII ZB 166/08, NVwZ 2009, 1054, 1055). Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient (GmS-OGB, Beschluss vom 10.4.1986, a.a.O., S. 314; BVerwG, Beschluss vom 2.5.2007, a.a.O.). Nach diesem Maßstab ist für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine auf der Grundlage des § 18 f. FStrG ergangene vorzeitige Besitzeinweisung der Rechtsweg zu den VG eröffnet; denn im Rahmen der Anwendung dieser Bestimmung, die die Enteignungsbehörde einseitig berechtigt, den Träger der Straßenbaulast auf dessen Antrag in den Besitz eines für die Straßenbaumaßnahme benötigten Grundstücks einzuweisen, wenn sich der Eigentümer oder Besitzer weigert, den Besitz unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen, stehen die Beteiligten zueinander offensichtlich in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung.
Da es sich bei dem gerichtlichen Verfahren zur Überprüfung von Entscheidungen der Enteignungsbehörde über die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 18 f. FStrG mithin um eine öffentlich- rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt, bleibt es beim Rechtsweg zu den VG, soweit die Streitigkeit nicht gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.4.1999-4 B 26-99 - NVwZ-RR 1999, 485 f.). Der zutreffenden Annahme des LG, dass sich eine solche abdrängende Sonderzuweisung nicht aus § 9 Abs. 3 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (VerkPBG) ergibt, da die Geltungsdauer dieses Gesetzes abgelaufen und die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG nicht vorliegen, ist der Bete...