Leitsatz (amtlich)
1. § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG erfordert es nicht, dass Entscheidungen in Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müssen (entgegen Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.3.2011 - 4 WLw 110/10, RdL 2012, 152).
2. Ein über ein Grundstück geschlossener einheitlicher Landpachtvertrag wird durch die Veräußerung von Teilen der Pachtfläche nicht in mehrere Pachtverhältnisse aufgespalten. Ein Anpassungsverlangen nach § 593 BGB ist anschließend für sämtliche Verpächter geltend zu machen.
3. Wird das Anpassungsverlangen für sämtliche Verpächter erstmals im Beschwerdeverfahren gestellt, fehlt es an dem einem gerichtlichen Verfahren nach § 593 BGB obligatorisch vorgeschalteten Einigungsverfahren der Pachtvertragsparteien.
Normenkette
BGB § 593 Abs. 4; ZPO § 315 Abs. 1 S. 1; FamFG § 38 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2; LwVG §§ 9, 48 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 08.02.2011; Aktenzeichen 44 Lw 18/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Landwirtschaftsgerichts - Neuruppin vom 8.2.2011 - 44 Lw 18/10 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 5.943,63 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller macht gegen den Antragsgegner eine Erhöhung des aus einem Landpachtvertrag geschuldeten Pachtzinses geltend.
Am 9.1.1993 schlossen die Mutter des Antragsgegners, Frau A. P., als Pächterin und Herr "L. S. (Erbengemeinschaft)" als Verpächter einen Landpachtvertrag über die Flurstücke 48/1, 48/2, 61/2 der Flur 4, 61/3, 13, 44 der Flur 5 und 64/3 der Flur 1.
In § 11 des Pachtvertrages vom 9.1.1993 heißt es:
"Ändern sich die durchschnittlich gezahlten Pachtpreise in der Gegend, in der das verpachtete Grundstück liegt, um mehr als 10 %, soll über den neuen Pachtpreis mit Wirkung vom nächsten Pachtjahr an verhandelt werden.
Kommt eine Einigung nicht zustande, so schätzt ein von der zuständigen Landwirtschaftskammer oder entsprechender Behörde benannter Sachverständiger den neuen Pachtpreis unter Berücksichtigung der ursprünglich getroffenen Vereinbarung und der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen. Auf diesen Preis sollen sich die Parteien einigen."
Mit notariellem Kaufvertrag vom 4.12.2008 erwarb der Antragsgegner die Flurstücke 48/1, 48/2, 61/2, 61/3, 13, 44 von der aus L. S., E. Sc. und H. S. bestehenden Erbengemeinschaft nach E. S.; seit dem 18.9.2009 ist er eingetragener Eigentümer dieser Grundstücke.
Unter Ziff. 4.2 des Kaufvertrages heißt es:
"Nach Angaben des Verkäufers besteht derzeit ein Pachtverhältnis für die landwirtschaftlichen Flächen. (...) Der Käufer tritt mit dem Tage des Besitzübergangs in dieses Nutzungsverhältnis ein und ist berechtigt, alle damit im Zusammenhang stehenden Erklärungen gegenüber Gerichten, Behörden und Personen abzugeben sowie Änderungen des Pachtvertrages (auch Pachtzinsänderungen und Kündigungen) vorzunehmen. Die Beteiligten verpflichten sich, sich gegenseitig so zu stellen, als das Pachtverhältnis bei Besitzübergang insgesamt auf den Käufer übergeht. (...)"
Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das AG hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller sei nicht berechtigt, die Pachtzinsanpassung nach § 593 Abs. 4 BGB zu beantragen, da er nicht der alleinige Verpächter sei. Mit dem Erwerb der Pachtfläche - mit Ausnahme des Flurstücks 64/3 - durch den Antragsteller sei eine aus dem Antragsteller und den übrigen Mitgliedern der ursprünglich verpachtenden Erbengemeinschaft bestehende Mehrheit von Verpächtern entstanden. Eine konkludent erklärte Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilung sei nicht erfolgt, insbesondere könne ein entsprechender Wille seitens der Erbengemeinschaft nicht festgestellt werden. Da der Antragsteller demnach nicht alleiniger Verpächter sei, könne er die aus dem Pachtverhältnis resultierenden Rechte nicht allein im eigenen Namen geltend machen. § 432 BGB sei auf Gestaltungsrechte nicht anwendbar. Ausweislich der Antragstellung wolle der Antragsteller auch nur hinsichtlich der von ihm erworbenen Teilflächen tätig werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er vertritt die Auffassung, der gem. §§ 593b, 566 BGB eintretende Erwerber könne die Rechte des Verpächters mit Bezug auf den von ihm erworbenen Pachtgegenstand ausüben. Eine Übertragung der sog. Einheitstheorie auf Landpachtverträge sei nicht angemessen. Jedenfalls sei der Antragsteller in Ziff. 4 Abs. 2 des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 4.12.2008 bevollmächtigt worden, die Pachtzinsanpassung zu verlangen und entsprechende Erklärungen auch für die verkaufende Erbengemeinschaft abzugeben. Die Regelung in § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages sei gem. § 307 BGB unwirksam, da sie die Anpassung des...