Leitsatz (amtlich)

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG ist - wie das Rechtsmittel selbst - grundsätzlich bei dem Gericht einzureichen, dessen Entscheidung angefochten werden soll, also beim AG (Anschluss an OLG Bamberg FamRZ 2012, 49).

 

Normenkette

FamFG §§ 58, 113; ZPO § 117 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Guben (Beschluss vom 16.02.2012; Aktenzeichen 30 F 168/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.07.2013; Aktenzeichen XII ZB 34/13)

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die (beabsichtigte) Einlegung und Durchführung einer Beschwerde gegen den Beschluss des AG Guben vom 16.2.2012 - Az. 30 F 16/10 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die Antragstellerin hat mit einem am 27.3.2012, also am letzten Tag der Frist des § 63 Abs. 1 FamFG beim Rechtsmittelgericht eingegangenen Antrag um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den ihr am 27.2.2012 zugestellten Beschluss des AG Guben vom 16.2.2012 nachgesucht. Dem Antrag waren die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der Entwurf einer Beschwerdebegründung beigefügt.

2. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragstellerin war zurückzuweisen, weil sie diesen bei dem dafür nicht (auch) zuständigen Rechtsmittelgericht eingereicht hat.

Bei welchem Gericht der Verfahrenskostenhilfeantrag für eine Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG zu stellen ist, die nur bei Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe durchgeführt werden soll, ist in der Literatur wie auch in der (noch sehr überschaubaren) veröffentlichten Rechtsprechung umstritten.

Hierzu wird zum Teil vertreten, der Antrag sei bei dem Gericht zu stellen, das in der Sache über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, in Familiensachen also beim OLG (Gutjahr, in: Eckebrecht u.a., Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Aufl. 2010, § 1 Rz. 102; Nickel, MDR 2010, 1227/1230; Schael, FamFR 2011, 494; OLG Frankfurt MDR 2012, 1230 - zitiert nach juris).

Nach einer vermittelnden Ansicht sind bis zur Übersendung der Akten an das Rechtsmittelgericht für die Entgegennahme des Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren sowohl das Ausgangsgericht wie auch das Rechtsmittelgericht zuständig (OLG Bremen FamRZ 2011, 1741).

Nach einer anderen Auffassung ist der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG grundsätzlich bei dem Gericht einzureichen, dessen Entscheidung angefochten werden soll, also beim AG (OLG Bamberg FamRZ 2012, 49; Reinken FuR 2010, 268/277; Schulte-Bunert/Weinreich-Unger, FamFG, 3. Aufl., § 64 FamFG Rz. 6; Horndasch/Viefhues-Götsche, FamFG, 2. Aufl., § 76 Rz. 109; wohl auch Prütting/Helms-Stößer, FamFG, 2. Aufl., § 76 Rz. 53).

Der Senat, der den Beteiligten eine entsprechende vorläufige Auffassung bereits mit Verfügung vom 7.5.2012 mitgeteilt hatte, schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beim Verfahrensgericht zu stellen. Verfahrensgericht im Sinne dieser Vorschrift ist das Gericht, bei dem das Hauptsacheverfahren zur Zeit der Anbringung des Verfahrenskostenhilfegesuchs anhängig ist oder anhängig gemacht werden soll (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 117 Rz. 1). An dieser Regelung hat sich durch die Einführung des FamFG ab dem 1.9.2009 für die Verfahrenskostenhilfe nichts geändert. Denn die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe nach den §§ 114 ff. ZPO sind sowohl in § 76 FamFG (für Nichtstreitsachen) als auch in § 113 FamFG (für Ehe- und Familienstreitsachen) für anwendbar erklärt worden. Nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens beim AG durch entsprechende Endentscheidung ist aber ein Verfahren weder bei dem Rechtsmittelgericht anhängig noch wird es dort anhängig gemacht. Das Rechtsmittelgericht kann danach nicht Verfahrensgericht sein. Vielmehr folgt aus der eindeutigen (und unumstrittenen) Einlegungszuständigkeit des AG für die Beschwerde auch, dass ein als Grundlage für eine Wiedereinsetzung angebrachtes Verfahrenskostenhilfegesuch zunächst bei diesem Gericht zu stellen ist (BGHZ 98, 318 - Rz. 7 bei juris - für den vergleichbaren Fall der Einlegungszuständigkeit des BayObLG für eine Revision, über die letztlich der BGH zu befinden hat; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, NVwZ-RR 2003, 390 zu §§ 166 VwGO, 117 ZPO). Die Verfechter einer Empfangszuständigkeit (nur oder auch) des Rechtsmittelgerichts unterscheiden demgegenüber nicht hinreichend zwischen der - im Gegensatz zur Rechtslage bis zum 31.8.2009 hier gerade divergierenden - Einlegungs- und Entscheidungszuständigkeit für das Rechtsmittel selbst und daran anknüpfend auch für das Verfahrenskostenhilfegesuch für ein erst beabsichtigtes Rechtsmittel. Die hier vertretene Eingangszuständigkeit des AG knüpft gerade nicht bloß an die Verpflichtung des Ausgang...

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