Leitsatz (amtlich)
Einer Partei, die, obwohl ein Prozess absehbar war, Vermögenswerte anderweitig verwendet hat, können diese Werte als Vermögen angerechnet werden, obwohl tatsächlich nicht mehr vorhanden. Dies kommt insb. in Betracht, wenn ein Pkw nach Anhängigkeit des Rechtsstreits angeschafft wird und die Notwendigkeit der Neuanschaffung nicht ausreichend begründet wird.
Normenkette
ZPO § 15
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Beschluss vom 06.12.2005; Aktenzeichen 3 F 55/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzusehen und als solche zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das AG hat den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Denn sie ist auf den Einsatz ihres Vermögens nach § 115 Abs. 2 ZPO zu verweisen.
Die Antragsgegnerin hat am 25.7.2005 einen Pkw zu einem Gesamtpreis von 16.395 EUR erworben, wobei sie für den Autokauf ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag von 11.395 EUR aufgenommen und Eigenmittel i.H.v. 5.000 EUR bar aufgebracht hat, wie sich aus dem vorgelegten Darlehensvertrag vom 25.7.2005 ergibt. Mit Hilfe dieser Eigenmittel wäre sie - auch unter Wahrung des sog. Schonvermögens (vgl. hierzu Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 115 Rz. 57) - in der Lage gewesen, die Kosten des Scheidungsverfahrens zu tragen. Sie muss sich so behandeln lassen, als ob dieser Betrag, jedenfalls soweit er zur Deckung der Verfahrenskosten benötigt wird, in ihrem Vermögen noch vorhanden wäre.
Einer Partei, die, obwohl ein Prozess absehbar war, Vermögenswerte anderweitig verwendet hat, können diese Werte als Vermögen angerechnet werden, obwohl tatsächlich nicht mehr vorhanden (BGH v. 25.11.1998 - XII ZB 117/98, FamRZ 1999, 644; Musielak/Fischer, ZPO, 4. Aufl., § 115, Rz. 55; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 115, Rz. 72; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 115 Rz. 17; Saenger/Rathmann/Pukall, ZPO-Handkommentar, § 115 Rz. 41; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 244). So liegt es hier. Die Parteien leben seit Ende Mai 2004, als der Antragsteller aus der Ehewohnung ausgezogen ist, voneinander getrennt. Mithin war bei Abschluss des Kaufvertrages bezüglich des Pkw im Juli 2005 für die Antragsgegnerin das Scheidungsverfahren mit entsprechenden Kostenfolgen absehbar. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht darauf an, dass ihr vor Abschluss des Kaufvertrages der Scheidungsantrag des Antragstellers noch nicht zugestellt worden war. Auch die Antragsgegnerin, die unter dem 16.8.2005 mitgeteilt hat, sie werde der Scheidung ihrer Ehe zustimmen, muss schon im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages davon ausgegangen sein, dass die Ehe der Parteien gescheitert ist. So hat sie dem Vortrag des Antragstellers in der Antragsschrift nicht widersprochen, wonach man sich über die Veräußerung der gemeinschaftlichen Immobilie, die als Ehewohnung gedient habe, einig sei und die entsprechenden Bemühungen andauerten.
Die Notwendigkeit für die Anschaffung eines neuen Pkw hat die Antragsgegnerin nicht hinreichend dargelegt. Sie hat lediglich behauptet, bei dem zuvor gehaltenen Pkw seien nach Ablauf der gesetzlichen Garantiezeit wiederholt kostenintensive Reparaturen erforderlich gewesen und sie habe sich für den Kauf eines Neuwagens entschieden, da sie mit einer nunmehr vierjährigen Garantiezeit derartige Belastungen vermeiden wolle. Eine solche Entscheidung aber kann sie nicht zu Lasten der Staatskasse treffen, zumal sie noch nicht einmal im Einzelnen dargelegt hat, welche Reparaturen beim früheren Pkw angefallen sind und sie zudem, wie sie mit der Beschwerdeschrift betont hat, einen Pkw desselben Typs erneut erworben hat. Etwaige Reparaturkosten hätten unter Umständen als besondere Belastungen im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO einkommensmindernd geltend gemacht werden können. Die Verwendung des Vermögens zum Zwecke der Anschaffung eines neuen Pkw, ohne dass hinreichend erkennbar ist, dass der bisherige Pkw nicht hätte weiter genutzt werden können, kann im Prozesskostenhilfeverfahren nicht berücksichtigt werden.
Nach alledem ist die Antragsgegnerin so zu behandeln, als hätte sie einen Betrag von 5.000 EUR weiterhin in ihrem Vermögen. Dieser Betrag allein reicht, ohne dass zusätzlich noch das Wertpapierdepot mit einem Saldo von 2.280,72 EUR per 30.12.2004 herangezogen werden müsste, aus, die voraussichtlichen Kosten des Scheidungsverfahrens, die sich nach der Anlage zu Nr. 1.3 der Durchführungsbestimmungen zum Gesetz über die Prozesskostenhilfe und zur Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens (DB-PKHG/DB-InsO, vgl. JMBl. für das Land Brandenburg 2004, 80 sowie Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., S. 1234) bei einem Streitwert von 12.650 EUR, wie er in der Antragsschrift angegeben ist, auf 1.987 EUR belaufen, zu tragen. Unter Berücksichtigung eines Schonvermögens von 2.600 EUR nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr....