Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchberichtigung bei Änderung des Gesellschafterbestands einer GbR
Normenkette
GBO §§ 29, 47 Abs. 2 S. 1; BGB §§ 891, 894, 899a
Verfahrensgang
AG Potsdam (Aktenzeichen Bl. 12655-13) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Zwischenverfügung des AG Potsdam - Grundbuchamt - vom 23.7.2010 - Gz.:... Blatt 12655-13 - aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, den Berichtigungsantrag nicht aus den Gründen der genannten Zwischenverfügung zurückzuweisen.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 17.590,25 EUR
Gründe
I. Im Wohnungsgrundbuch des AG Potsdam von ... Blatt 12655 sind die Antragsteller in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer eingetragen.
Am 12.1.2010 bzw. 27.3.2010 erklärten die Antragsteller in notariell beglaubigter Form, dass der Antragsteller zu 1) seinen Gesellschaftsanteil mit Wirkung vom 1.1.2010 zu gleichen Anteilen auf die Antragsteller zu 2) und 3) übertragen habe. Gleichzeitig erklärten sie, die Eintragung der entsprechenden Grundbuchberichtigung zu bewilligen und zu beantragen.
Mit Schriftsatz vom 12.1.2010 haben die Antragsteller beim Grundbuchamt die Grundbuchberichtigung beantragt.
Mit Zwischenverfügung vom 23.7.2010 hat das Grundbuchamt die Antragsteller aufgefordert, binnen eines Monats in der Form des § 29 GBO nachzuweisen, dass dem übertragenden Gesellschafter sowie den zustimmenden Gesellschaftern zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung die Gesellschaftsanteile zustanden und zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Gesellschafter vorhanden waren. Zur Begründung hat es angeführt, dass § 899a S. 1 BGB nicht anwendbar sei, weil diese Vorschrift nur in Ansehung des eingetragenen Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelte, nicht aber für eine Verfügung über einen Gesellschaftsanteil.
Gegen diese Zwischenverfügung wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde vom 5.8.2010, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerde, über die gem. § 72 GBO das OLG zu entscheiden hat, ist zulässig (§§ 71, 73 GBO, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG).
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt durfte den Antrag auf Berichtigung des Wohnungsrundbuchs dahingehend, die Eintragung des Antragstellers zu 1) als Berechtigten zur Löschung zur bringen, weil dieser aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, nicht deswegen zurückweisen, weil der aktuelle Gesellschafterbestand der GbR nicht nachgewiesen sei.
1. Im Zuge der Änderung der Grundbuchordnung nach Anerkennung der formellen Grundbuchfähigkeit der GbR durch den BGH (BGHZ 179, 102 ff.) durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte in Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG - BGBl. I Nr. 53, 2713) wurde nicht nur in § 47 Abs. 2 GBO geregelt, wie die Eintragung einer GbR zu erfolgen hat, wenn für diese ein Recht im Grundbuch eingetragen werden soll. Es wurde materiell-rechtlich eine neue Vorschrift, nämlich § 899a in das BGB eingefügt. Danach wird in Ansehung des eingetragenen Rechts einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vermutet, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO eingetragen sind und darüber hinaus weitere Gesellschafter nicht vorhanden sind.
Diese Vermutung gilt entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes auch in den Fällen, in denen nach Ausscheiden eines Gesellschafters und/oder Eintritt eines neuen Gesellschafters das Grundbuch unrichtig geworden und nach § 894 BGB zu berichtigen ist (so OLG München NJW-RR 2010, 1667; OLG Zweibrücken Rpfleger 2010, 208 f. und FGPrax 2010, 286 f.; OLG Frankfurt Beschl. v. 19.11.2009 - 20 W 70/09; vgl. auch DNotI-Report 2010, 145, 147; Palandt/Bassenge, 70. Aufl., § 899a BGB Rz. 9).
Bei der Grundbuchberichtigung handelt es sich, auch wenn deren Grundlage eine Änderung im Gesellschafterbestand einer GbR ist, um eine Maßnahme "in Ansehung des eingetragenen Rechts" und damit um eine Maßnahme, die in den Anwendungsbereich des § 899a BGB fällt. Der Umstand, dass der Erwerb oder der Verlust der Gesellschafterstellung selbst materiell-rechtlich nicht unter den Anwendungsbereich des § 899a BGB fällt, steht dem nicht entgegen (a.A. Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 169, 185 f.). Die Vermutungswirkung beschränkt sich allein darauf, dass hinsichtlich des eingetragenen Rechts vermutet wird, dass die eingetragenen Gesellschafter die alleinigen Gesellschafter der GbR sind und weitere Gesellschafter nicht existieren. Auf der Grundlage dieser Vermutungswirkung ist dann zu prüfen, ob es zu einer Änderung im Gesellschafterbestand der GbR und damit zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB gekommen ist.
Durch dieses Verständnis des § 899a BGB ist schließlich sichergestellt, dass die von § 891 BGB ausgehende Grundbuchpraxis vor Anerkennung der Rechts- und Grundbuchfähigkeit der GbR im Wesentlichen unverändert beibehalten wird (Demharter, NZM 2009, 502, 506; BT-Drucks. 16/13437, 26; DNotI-Report 2010, 145, 147 m.w.N....