Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nachholung des VKH-Antrags nach rechtskräftigem Instanzabschluss
Normenkette
FamFG §§ 76 ff.; ZPO §§ 114 ff.
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 02.09.2011; Aktenzeichen 22 F 210/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 56 Abs. 2 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 bis 8 RVG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat den Vergütungsantrag des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zutreffend zurückgewiesen.
1. Zunächst ist zu beachten, dass für das hiesige Verfahren (die abgetrennte Versorgungsausgleichssache) zutreffend das neue, seit dem 1.9.2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht zugrunde zu legen ist, Art. 111 Abs. 4 FGG-RG bzw. § 48 Abs. 2 VersAusglG. Damit ist aber zugleich die vormals der Antragsgegnerin bewilligte Prozesskostenhilfe entfallen.
Wird ein zunächst dem alten Recht unterfallender abgetrennter Versorgungsausgleich in das neue Recht übergeleitet, bewirkt dies gem. Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG die Selbständigkeit des Versorgungsausgleichs. Der Versorgungsausgleich wird so fortgeführt, wie wenn er vorn vornherein isoliert - d.h. außerhalb eines Scheidungsverfahren eingeleitet worden wäre.
Der Versorgungsausgleich verliert damit sowohl den Charakter einer Verbund- als auch einer Folgesache. Eine bereits bewilligte Prozesskostenhilfe entfällt, es muss ein neuer Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gem. §§ 76 ff. FamFG gestellt werden (BGH FamRZ 2011, 635; ebenso bereits OLG Dresden, jurisPR extra 2011, 31; OLG Jena, FuR 2011, 113; OLG Naumburg v. 4.3.2010 - 8 WF 33/10, zit. nach juris; a.A. z.B. KG FamRZ 2011, 319).
Es bedurfte daher des Stellens eines erneuten und sodann zu bescheidenden Antrages auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gem. §§ 76 ff. FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO, um einen Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse nach dem RVG zugunsten des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsstellerin auszulösen. Darauf hat das AG auch zutreffend beide Beteiligten bzw. deren Rechtsanwälte mit Schreiben vom 24.3.2011 (Bl. 178) hingewiesen. Gleichwohl hat allein der Bevollmächtigte des Antragsgegners, nicht aber derjenige der Antragsstellerin einen solchen Antrag gestellt. Ohne Antragsstellung kann aber kein Vergütungsanspruch ausgelöst werden.
2. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragsstellerin ist auch kein gesonderter Vertrauenstatbestand zu seinen Gunsten geschaffen worden. Soweit das AG vormals eine andere Rechtsauffassung hinsichtlich einer Fortgeltung der bewilligten Prozesskostenhilfe vertreten hat, war diese jedenfalls durch die vorgenannte gerichtliche Verfügung hinfällig. Schon deshalb bedurfte es einer entsprechenden Reaktion (d.h. einer erneuten Antragstellung) der Antragsstellerin bzw. von ihrem Verfahrensbevollmächtigten.
Letztendlich kommt es aber nicht einmal auf das fürsorgliche Schreiben des AG vom 24.3.2011 an. Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann sich in den Fällen des Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG nicht darauf berufen, dass das Gericht ihm zu einem vorsorglichen Verfahrenskostenhilfe-Antrag hätte raten müssen. Auch ohne eine solche gerichtliche Mitteilung musste dem Verfahrensbevollmächtigten bekannt gewesen sein, dass die Frage der Fortgeltung der Prozesskostenhilfe streitig war, weshalb er zumindest vorsorglich einen erneuten Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hätte stellen müssen (OLG Jena FuR 2011, 590). Denn bereits frühzeitig waren die Konsequenzen des selbständig gewordenen Versorgungsausgleichs (Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG) streitig, auch und vor allem in Hinblick auf die Fortgeltung der Prozesskostenhilfe (vgl. Götsche, FamRZ 2009, 2047, 2052 einerseits und Schael, FamRF 2010, 1, 3 andererseits).
3. Der Vergütungsantrag der Antragsstellerin ist auch nicht als neuer Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu verstehen. Eine solche Auslegung scheitert bereits daran, dass bei anwaltlicher Vertretung erwartet werden kann, dass ein derartiger Wille deutlich zum Vorschein treten würde. Zudem ist im Rahmen der Begründung der Beschwerde der Wille, an der vormaligen Prozesskostenhilfe-Bewilligung festzuhalten und darauf den Vergütungsantrag zu stützen, klar zu erkennen gegeben worden. Abschließend kann aber auch dies dahingestellt bleiben. Denn nach Abschluss des Verfahrens kann Verfahrenskostenhilfe grds. nicht mehr bewilligt werden. Hat ein Beteiligter vor rechtskräftigem Abschluss der Instanz keinen Verfahrenskostenhilfe-Antrag gestellt, kann er dies nicht mehr nachholen (Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 2. Aufl. 2010, § Rz. 34 f.). Nichts anderes gilt in den Übergangsfällen abgetrennter Versorgungsausgleichssachen (OLG Jena FuR 2011, 590).
Fundstellen
Haufe-Index 2920021 |
FamRZ 2012, 319 |