Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergabe des Umbaus einer denkmalgeschützten SS-Kaserne zu einer Fachhochschule der Polizei
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluß der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 23.7.2002 – VK 37/02, VK 39/02, VK 41/02 – aufgehoben.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 1.) wird verworfen.
Die Sache im übrigen wird zur erneuten, Verhandlung und Entscheidung über die Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen zu 2.) und 3.) an die Vergabekammer zurückverwiesen, die auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.
Tatbestand
I.
Der Auftraggeber schrieb im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 15.12.2001 im nicht offenen Verfahren die Vergabe des Bauauftrages „Schlüsselfertiger Umbau einer denkmalgeschützten SS-Kaserne zu einer Fachhochschule der Polizei einschließl. Vermessung, Werkstatt- und Montagepläne in CAD” im Wert von ca. 34 Mio. EUR aus. Eine erneute Veröffentlichung erfolgte am 5.2.2002 im EU-Amtsblatt, im Bundesausschreibungsblatt und im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg.
Im Rahmen der Sanierung sollen auf dem landeseigenen Grundstück in O. die vorhandenen, denkmalgeschützten Gebäude an die Zwecke der Fachhochschule der Polizei angepaßt und darüber hinaus den heutigen Sicherheitsanforderungen und Gebäudestandards angepaßt sowie renoviert werden. Außerdem sollte eine Sporthalle neu errichtet werden. Der Auftrag war in zwei Lose aufgeteilt, Los 1, um das es im vorliegenden Verfahren geht, betrifft die Bauleistungen einschließlich Planungsleistungen, Los 2 die Finanzierungsleistung.
Das auftraggebende Land bedient sich der Sonderbauleitung N. im Landesbauamt Potsdam als Vergabestelle.
42 Unternehmen bewarben sich für das Los 1. Der Auftraggeber kam nach Prüfung der Nachweise zu dem Ergebnis, daß 21 Bewerber nicht die notwendige Sicherheit bieten.
Der Auftraggeber übersandte den übrigen 21 Bewerbern – darunter den Antragstellerinnen und der Beigeladenen – am 26.2.2002 Ausschreibungsunterlagen, insbesondere Leistungs- und Baubeschreibung (Bl. 104–141 VK 37/02), Raumbuch und Pläne (Bl. 142–168 VK 37/02), und forderte sie zur Angebotsabgabe auf. Bei der Leistungsbeschreibung handelte es sich um eine funktionale Leistungsbeschreibung. Nach der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung (Bl. 83–86 VK 41/02) ist in Los 1 der Um- und Ausbau der Fachhochschule sowohl für 150 Anwärter pro Jahrgang (Variante A) als auch für 280 Anwärter pro Jahrgang (Variante B) pro Jahrgang beschrieben. Die Kosten für die Lösung A und die zusätzlichen Kosten für die Lösung B waren danach vom Bieter gesondert auszuweisen und anzubieten. Den Zuschlag sollte das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Entschädigung für die Ausarbeitung war eine Pauschale i. H. v. 13.600 EUR vorgesehen.
Die Antragstellerin zu 1.) übersandte der Vergabestelle mit Schreiben vom 13.3.2002 und nach einem gemeinsamen Ortstermin am 15.3.2002 – mit Schreiben vom 26.3.2002 Fragenkataloge zur Ausschreibung (Bl. 90–94 VK 37/02). Während der ursprünglich bis zum 12.4.2002 laufenden Angebotsfrist ergaben sich bei den Bietern insgesamt 184 Fragen, auf die die Vergabestelle mit Schreiben vom 19.3.2002, 25.3.2002, 9.4.2002, 10.4.2002 und 16.4.2002 (Bl. 176–212 VK, 37/02) antwortete. Die Vergabestelle stellte allen Bietern den Fragenkatalog und die Antworten zur Verfügung.
Mit an das Ministerium der Finanzen gerichtetem Schreiben vom 2.4.2002 (Bl. 95–99 VK 37/02) erklärte der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg e. V., dessen Mitglied die Antragstellerin zu 1.) ist, er habe von einigen Mitgliedern erfahren, daß die Ausschreibung unpräzise sei, so daß von vielen Bietern Fragen zur Aufklärung des Ausschreibungsinhalts gestellt würden. Er bat das Ministerium, dafür Sorge zu tragen, daß die Reihenfolge der anzuwendenden Ausschreibungsunterlagen eindeutig geklärt werde, daß die angesprochenen Fragen sachgerecht und eindeutig beantwortet würden und daß der Submissionstermin um drei Wochen hinausgeschoben werde. Mit weiterem Schreiben vom 17.4.2002 (Bl. 100–102 VK 37/02) beanstandete der Bauindustrieverband, daß aufgrund der erheblichen Unsicherheiten seitens der Bieter weder eine saubere Kalkulation erfolgen noch vergleichbare Angebote vorgelegt werden könnten. Die Vergabestelle erhielt Abschriften beider Schreiben.
Mit Schreiben vom 9.4.2002 (Bl. 169 VK 37/02) verlängerte die Vergabestelle die Angebotsfrist vom 12.4.2002 bis zum 19.4.2002. Mit Schreiben vom 10.4.2002 überreichte sie den Bietern drei ausgetauschte Seiten aus dem Raumbuch.
Zehn Bieter gaben ein Angebot ab. In der Verdingungsverhandlung vom 19.4.2002 wurden die Angebotssummen für die Variante A und die Mehrkosten für die Variante B festgestellt. Danach belief sich das Angebot der Beigeladenen für die Variante A auf 28.010.520,00 EUR und die Mehrkosten für Variante B auf einen Betrag von 2.299.120,00 EUR. Mit dem Gesamtbetrag von 30.309.640,00 EUR lag sie auf dem 3. Platz. Die Antragstellerin zu 1.) belegte mit ihre...