Leitsatz (amtlich)
In Familiensachen hat das AG vor Anforderung eines Vorschusses auf die Gerichtskosten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Absehen von der Vorschusszahlung gem. § 15 FamGKG vorliegen.
Normenkette
FamGKG § 15
Verfahrensgang
AG Luckenwalde (Beschluss vom 10.08.2012; Aktenzeichen 31 F 315/12) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. § 58 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ohne Beachtung einer Mindestbeschwer und Einhaltung einer Beschwerdefrist zulässige Beschwerde der Mutter (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 58 FamGKG Rz. 1 i.V.m. § 67 GKG Rz. 5 f.) führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Das AG hat die Zahlung eines Vorschusses angeordnet, ohne das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen von der Vorschusszahlung gem. § 15 FamGKG zu prüfen. Das Verfahren wird in entsprechender Anwendung von § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. Hartmann, a.a.O., § 58 FamGKG Rz. 1 i.V.m. § 67 GKG Rz. 1) an das AG zurückverwiesen, um diese Prüfung nachzuholen.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 FamGKG soll in Ehesachen und selbständigen Familienstreitsachen die Antragsschrift oder der Klageantrag erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Im Übrigen soll in Verfahren, in denen der Antragsteller die Kosten schuldet, § 21 FamGKG, vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden, § 14 Abs. 3 FamGKG. Gemäß § 15 FamGKG gilt die Vorschusspflicht nach § 14 Abs. 1, 3 FamGKG nicht, soweit dem Antragsteller Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe bewilligt ist, wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtslos oder mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass entweder dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde.
Das AG hat seine Entscheidung auf § 14 FamGKG gestützt. Da es sich vorliegend nicht um eine Ehesache oder selbständige Familienstreitsache handelt, ist insoweit § 14 Abs. 3 FamGKG anzuwenden. Die Anwendung setzt aber voraus, dass keine Ausnahme i.S.v. § 15 FamGKG vorliegt. Dies hat das AG nicht geprüft.
Mit der Beschwerdeschrift hat die Mutter eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 7.10.2012 nebst Anlagen vorgelegt und ausdrücklich deutlich gemacht, "Prozesskostenhilfe" zu beantragen. Mithin stellt sich die Frage, ob nicht vorrangig über diesen Antrag zu befinden ist. Grundsätzlich ist über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu entscheiden, bevor gerichtliche Handlungen in der Hauptsache vorgenommen werden. Hier mag es mit Rücksicht darauf, dass die Mutter Eilbedürftigkeit betont hat, anders liegen. Eine kurzfristige Nachfrage bei der Mutter wäre angezeigt gewesen.
Selbst wenn man annähme, der Mutter wäre es unabhängig von ihrem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe darum gegangen, dass sofort gerichtliche Handlungen vorgenommen werden, hätte das AG nicht ohne weiteres die Vorschusszahlung anordnen dürfen. Es hätte vielmehr prüfen müssen, ob nicht ein Ausnahmetatbestand nach § 15 Nr. 3 FamGKG gegeben ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Mutter mit Rücksicht auf die von ihr betonte Eilbedürftigkeit geltend macht, eine Verzögerung werde ihr einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen, § 15 Nr. 3 Buchst. b) FamGKG. Denn jedenfalls ist die Prüfung anzustellen, ob der Mutter nicht gem. § 15 Nr. 3 Buchst. a) FamGKG die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf ihre Vermögenslage Schwierigkeiten bereiten würde. Der Umstand, dass sie Verfahrenskostennhilfe beantragt hat wie auch die Darstellung ihrer Einkommensverhältnisse in der Beschwerdeschrift legen eine solche Prüfung mehr als nahe.
Allerdings darf die beabsichtigte Rechtsverfolgung gem. § 15 Nr. 3 FamGKG nicht aussichtslos erscheinen. Davon kann bei summarischer Betrachtung aber nicht ausgegangen werden. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum das AG im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen hat, der Antrag sei entscheidungsreif und zurückzuweisen, da die Antragsschrift den gesetzlichen Erfordernissen nicht entspreche. Zu Unrecht bezieht sich das AG dabei auf die Vorschriften der §§ 1 f., 15 f., 22 f. FamFG, da diese Bestimmungen keine Vorgaben dazu enthalten, wie eine Antragsschrift im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auszusehen hat. Für die vom AG ferner angenommene analoge Anwendung der Vorschriften der §§ 130 f., 253 ZPO fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Denn da weder eine Ehesache noch eine Familienstreitsache vorliegt, findet die Globalverweisung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG auf die ZPO hier nicht sta...