Leitsatz (amtlich)
1.
Wird nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid der Klageanspruch trotz Einspruchsrücknahme begründet, kommt eine Erstattung von dadurch verursachten Kosten grundsätzlich nicht in Betracht, weil die Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten nicht mehr notwendig ist.
2.
Dennoch ausgelöste Kosten sind ausnahmsweise in dem Umfang erstattungsfähig, als sie in Unkenntnis der fehlenden Notwendigkeit der Einschaltung eines Prozessbevollmächtigten entstanden sind.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 28.06.2006; Aktenzeichen 13 O 136/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 28.6.2006 - 13 O 136/06 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 8.5.2006 sind von dem Beklagten an Kosten
637,30 EUR
(i. B. sechshundertsiebenunddreißig und 30/100 EUR)
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 30.5.2006 an die Klägerin zu erstatten.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 37,5%, der Beklagte 62,5% zu tragen. Die Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1811 KV GKG wird nach billigem Ermessen auf die Hälfte ermäßigt.
Der Beschwerdewert beträgt 807,80 EUR.
Gründe
I.
Die Klägerin erwirkte gegen den beklagten Verein ohne Hilfe eines anwaltlichen Vertreters einen Vollstreckungsbescheid, gegen den der Beklagte Einspruch einlegte. Das Landgericht, an das das Verfahren abgegeben wurde, forderte die Klägerin mit am 26.4.2006 zugestellter Verfügung zur Anspruchsbegründung auf und bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung. Die Terminsladung wurde der Klägerin am 27.4.2006 zugestellt.
Mit bei Gericht am 26.4.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz nahm die Beklagte den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zurück. Am folgenden Tag verfügte das Landgericht die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung. Die gerichtliche Nachricht von der Terminsaufhebung erreichte die Klägerin am 4.5.2006.
Am 3.5.2006 ging bei Gericht eine von ihrer Prozessbevollmächtigten gefertigte Anspruchsbegründung der Klägerin ein. Mit Beschluss vom 8.5.2006 erlegte das Landgericht die weiteren Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auf.
Die Klägerin trägt vor, sie habe ihre Prozessbevollmächtigte am 27.4.2006 fernmündlich und mit Vollmacht vom 28.4.2006 schriftlich beauftragt.
Der Rechtspfleger des Landgerichts hat mit Beschluss vom 28.6.2006 die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 940,30 EUR festgesetzt und dabei 807,80 EUR Anwaltskosten der Klägerin berücksichtigt, bestehend aus einer 1,3 Verfahrensgebühr und der Postpauschale.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 30.6.2006 zugestellt worden ist, wendet sich der Beklagte mit seiner am 13.7.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er geltend macht, die Kosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin seien nicht erstattungsfähig. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 27.4.2006, welches vorab per Telefax am 28.4.2006 um 7:45 Uhr übersandt worden sei, die Klägerin darüber informiert, dass die Rücknahme des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid erklärt und die Forderung einschließlich der Kosten beglichen worden sei. Außerdem habe er am 27.4.2006 um 8:09 Uhr die Klageforderung einschließlich Kosten und Zinsen per Online-Banking bezahlt. Selbst wenn man von einer notwendigen Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgehen sollte, sei von einer vorzeitigen Beendigung des Auftrages auszugehen, die eine Ermäßigung der Gebühr zur Folge habe.
Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 20.7.2006 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Klägerin ist der sofortigen Beschwerde der Beklagten entgegengetreten und hat gemeint, wegen der äußerst kurzen zeitlichen Abfolge sei es ihr unmöglich gewesen, kostenauslösende Maßnahmen zu verhindern. Das Telefaxschreiben des Beklagten vom 27.4.2006 habe sie nicht erhalten. Der Eingang der Zahlung des Beklagten sei erst am 4.5.2006 nach Eingang der Einspruchsrücknahme festgestellt worden. Der Betrag sei auch nicht bereits am 27.4.2006, sondern erst am 28.4.2006 gutgeschrieben worden.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
Bei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin dürfte zwar eine volle 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG entstanden sein. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat von der Klägerin einen Prozessauftrag erhalten. Sie hat auch bei Gericht mit Schriftsatz vom 3.5.2006 einen Sachantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings der Einspruch des Beklagten bereits zurückgenommen. Hiervon hatte die Klägerin auch vor der Einspruchsrücknahme Kenntnis erlangt. Deshalb ist im vorliegenden Fall nur ei...