Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Berücksichtigung einer Haftopferrente wegen Strafhaft in der ehemaligen DDR als relevantes Einkommen
Leitsatz (amtlich)
Haftopferrente nach § 17a StrRehaG als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen.
Normenkette
BGB § 1569 ff.; StrRehaG § 17a
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 23.07.2010; Aktenzeichen 36 F 11/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 ZPO entsprechend statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen die Erfolgsaussichten entsprechend § 114 ZPO (§ 76 Abs. 1 FamFG) für das Unterhaltsverfahren der Antragstellerin verneint.
A. Einkommen des Antragsgegners
I. Erwerbseinkommen
Das Nettoerwerbseinkommen des Antragsgegners stellt sich - wie durch die Antragstellerin insbesondere im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung dargestellt - mit monatlichen netto 1.546,12 EUR dar.
Abzuziehen hiervon sind 5 % berufsbedingte Aufwendungen von monatlich 77,31 EUR. Weiter abzuziehen ist der titulierte Kindesunterhalt. Tituliert sind (Bl. 6 d.A.) 110 % des Mindestunterhaltes der dritten Altersstufe, daher für den Sohn ..., geboren am 15.2.1996, der bei der Antragstellerin lebt, abzgl. des anteiligen Kindesgeldes von 92 EUR noch 377 EUR.
Weiter abzuziehen ist die vom Antragsgegner wegen des gemeinsamen Wohneigentums geleistete anteilige Kreditrate. Dabei wird darauf hingewiesen, dass hier aufgrund der in 2009 erfolgten Rechtshängigkeit der Scheidung lediglich noch der Zins-, nicht aber mehr der Tilgungsanteil abgezogen werden kann. Da eine Aufteilung nicht erfolgt ist und da die Antragstellerin jedenfalls im Grundsatz auch hinsichtlich unstreitig bestehender Verbindlichkeiten darlegungsbelastet ist, ist hier zugunsten des Antragsgegners der vollständige Anteil abzuziehen. Gleiche Erwägungen gelten dann aber auch auf Seiten der Antragstellerin, der ebenfalls jedenfalls derzeit die vollen 95,50 EUR im Rahmen des summarischen Verfahrens der Prüfung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abzuziehen sind.
Unter Beachtung dieser Abzüge folgt ein Erwerbseinkommen des Antragsgegners von 996,31 EUR, von dem dann noch das Erwerbstätigensiebtel abzuziehen ist, was zu 853,98 EUR führt.
II. Haftopferrente
Hinzu tritt die Haftopferrente, die der Antragsgegner bezieht, monatlich sind dies 250 EUR. Es handelt sich insoweit um eine besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG. Auch diese Rente stellt unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen dar (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 28.4.2008 - U 2.410 Dl, JAmt 2008, 262). Diese Rente stellt systematisch eine Rehabilitierungsleistung wie beispielsweise eine Haftentschädigung und dergleichen dar und wird im Falle wirtschaftlicher Bedürftigkeit an den zu Entschädigenden (das Opfer) gezahlt (BT-Drucks. 16/4842, 5). Die Rente unterfällt deshalb beispielsweise nicht dem Versorgungsausgleich (OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 733). Damit kommt ihr in unterhaltsrechtlicher Hinsicht bedarfsdeckende Funktion zu, sie stellt also Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinne dar (DIJuF Gutachten, a.a.O.; vgl. im Ergebnis auch NK - BGB-Kath/Zurhorst, 2. Aufl. 2010, § 1610a BGB Rz. 4 am Ende für Opferentschädigung).
Insoweit ist allerdings problematisch, ob nicht für diese Haftopferrente die Vorschrift des § 1610a BGB eingreift, wonach eine Deckungsvermutung hinsichtlich schadensbedingter Mehraufwendungen bestünde. Dafür spricht, dass es sich insoweit um eine sozialstaatliche Leistung zur Entschädigung der Haftopfer der ehemaligen DDR handelt, die also nicht allein zur Abgeltung immaterieller Schäden gedacht ist (so im Ergebnis wohl auch Kath/Zurhorst, a.a.O.). Letztendlich kann dies aber hier dahinstehen, da selbst unter Berücksichtigung der Haftopferrente als unterhaltsrechtliches Einkommen kein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin besteht, wie die nachfolgenden Berechnungen zeigen.
Bei Einbeziehung der Haftopferrente steht dem Antragsgegner damit ein bereinigtes Einkommen von 1.170,25 EUR zur Verfügung.
B. Einkommen der Antragstellerin
I. Erwerbsunfähigkeitsrente
Auf Seiten der Antragstellerin ist zunächst deren Erwerbsunfähigkeitsrente von 674,28 EUR zu berücksichtigen.
II. Pflegegeld
Das von ihr bezogene Pflegegeld der Pflegestufe II (420 EUR monatlich) ist gem. § 1610a BGB nicht zu berücksichtigen. Die diesbezügliche Deckungsvermutung ist seitens des insoweit darlegungsbelasteten Antragsgegners nicht entkräftet worden. Dieser hat allein pauschal behauptet, dass insoweit kein schadensbedingter Mehraufwand besteht. Zwar kann gerade im Hinblick auf Pflegegelder sich der Gegner der Vermutung des § 1610a BGB widersetzen, indem er sich auf einen Negativbeweis wegen allgemeiner Erfahrenswerte beruft (vgl. OLG Hamm FamRZ 1991, 1198). Dies setzt aber zumindest ein substantiiertes Vorbringen des Gegners hinsichtlich des behaupteten allgemeinen Erfahrungswertes voraus. Die hier eher sich als ins Blaue hinein dargestell...