Leitsatz (amtlich)
1. Bei nur teilweiser Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe umfasst auch die Beiordnung nur diesen Teil. Der Rechtsanwalt erhält eine Vergütung aus der Staatskasse nur nach dem Wert des Teils, für den er beigeordnet wurde.
2. Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist so zu berechnen, als ob nur der von der Bewilligung umfasste Betrag geltend gemacht worden wäre (Differenzmethode).
3. Dies gilt auch für den Antragsgegner, dem Teilverfahrenskostenhilfe nur zur Abwehr des vom Gericht als erhöht angesehenen Teils einer Forderung bewilligt wird.
Tenor
Auf ihre Beschwerde wird der Beschwerdeführerin auf ihre Erinnerung die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf 423,40 EUR (in Worten: vierhundertdreiundzwanzig 40/100) festgesetzt.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 25. Februar 2020 (Bl. 55 VKH) hat die Kostenbeamtin des Amtsgerichts die der Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin Schröder, aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 31,24 EUR festgesetzt. Diese Vergütung hat die Kostenbeamtin wie folgt berechnet:
Gebühren der Rechtsanwältin aus dem vollen Verfahrenswert, (6.536 EUR bzw. 4.638 EUR): 1.125,45 EUR
abzüglich Gebühren aus dem von dem Verfahrenskostenhilfebeschluss nicht abgedeckten Streitwert von 4.638 EUR 1.094,21 EUR
festzusetzende Vergütung: 31,24 EUR.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4, 7, 8 RVG) und in der Sache teilweise erfolgreich. Für die Beschwerdeentscheidung zuständig ist die Einzelrichterin des Oberlandesgerichts, §§ 56.
Die Vergütung der beigeordneten Rechtsanwältin ist aus dem Gegenstandswert zu berechnen, auf den sich die Verfahrenskostenhilfebewilligung bezieht.
Die Ansprüche des beigeordneten Anwalts gegen die Staatskasse bestimmen sich - abweichend von der Auffassung des Amtsgerichts - nach dem Wert, für den Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist also so zu berechnen, als ob nur der von der Bewilligung umfasste Betrag geltend gemacht worden wäre (Differenzmethode) (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl. 2019, RVG VV 3335 Rn. 69).
Dieser Gegenstandswert ist hinsichtlich der Ansprüche der Beschwerdeführerin gegen die Staatskasse der Gebührenberechnung bezogen auf die Verfahrensgebühr zugrunde zu legen. Bei - wie hier - nur teilweiser Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe umfasst auch die Beiordnung nur diesen Teil. Der Rechtsanwalt erhält eine Vergütung aus der Staatskasse nur nach dem Wert des Teils, für den er beigeordnet wurde, auch wenn die Partei ihn mit der weitergehenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung beauftragt. Dabei ist nicht quotenmäßig vorzugehen (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a. a. O.).
Wird einem Beteiligten nur für einen Teil des Verfahrensgegenstandes Verfahrenskostenhilfe bewilligt, dann ist er insoweit gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 122 ZPO von der Berichtigung der Gerichtskosten und im Falle der Beiordnung auch dem Bevollmächtigten gegenüber von der Verpflichtung zur Zahlung von Gebühren und Vorschüssen einstweilen befreit. Er steht damit unbeschadet einer etwaigen Nachzahlungspflicht nach § 125 ZPO in der gebührenrechtlichen Behandlung des weiteren Verfahrens einem Beteiligten gleich, welcher die Gebühren selbst bezahlt. In jedem Falle hat er Anspruch darauf, von der Zahlungspflicht der Gebühren in der Höhe einstweilen verschont zu bleiben, die sich für den Umfang der Verfahrenskostenhilfebewilligung bei Berechnung der Gebühren nach dem RVG ergibt. Dies gilt ohne Rücksicht auf die Beteiligtenstellung als Antragsteller oder Antragsgegner (vgl. bereits BGH NJW 1954, 1406).
Danach kann sich aber die vom Amtsgericht vertretene Auffassung, dass sich der Anspruch des beigeordneten Anwalts gegen die Staatskasse auf den Differenzbetrag zwischen den Regelgebühren aus dem vollen Streitwert und aus dem von der Verfahrenskostenhilfe nicht betroffenen Teil beschränkt, wenn dem Antragsgegner Teilverfahrenskostenhilfe nur zur Abwehr des vom Gericht als erhöht angesehenen Teils einer Forderung bewilligt wird (so auch OLG München, JurBüro 1981, 700, aufgegeben durch OLG München, FamRZ 1995, 750), nicht durchsetzen.
Mit der überwiegenden Auffassung ist das Beschwerdegericht der Ansicht, dass bei Beschränkung der Verfahrenskostenhilfe auf einen Teil des Anspruchs der beigeordnete Rechtsanwalt die Verfahrenskostenhilfegebühren aus dem Teilstreitwert erhält und eine Beschränkung i. S. des angefochtenen Beschlusses nicht in Betracht kommt (vgl. OLG München, FamRZ 1995, 750; OLG Stuttgart, JurBüro 1984, 1196; OLG Köln, JurBüro 1981, 1011; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 11. Aufl., Rdnr. 8 zu § 122; a. M. OVG Bremen, JurBüro 1989, 1689). Nur diese Auffassung entspricht dem § 48 Abs. 1 RVG, wonach sich der Anspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen bestimmt, durch die die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Bezieht sich die Verfahrenskostenhilfebewilligung nur auf einen Teil des Verfahrensgegenstandes, dann kann die Vergütung nur aus...