Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zulässigkeit des Klageerzwingungsverfahrens § 172 StPO. hier fehlende Verletzteneigenschaft (§ 172 Abs. 1 Satz 1 StPO) bei Taten der Amtsanmaßung und des Missbrauchs von Berufsbezeichnungen (§§ 132, 132 a StGB)
Tenor
Der Antrag der Anzeigenden auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 26. August 2010 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Das Begehren der Antragstellerin, die die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten wegen fahrlässiger Körperverletzung, Amtsanmaßung und des Missbrauchs von Berufsbezeichnungen erstrebt, bleibt ohne Erfolg.
Der fristgerechte Antrag der Anzeigenerstatterin auf gerichtliche Entscheidung ist nicht zulässig, weil es an einer Straftat fehlt, hinsichtlich derer die Anzeigenerstatterin das Klageerzwingungsverfahren betreiben darf.
1. Soweit der Antrag darauf gestützt wird, der Beschuldigte habe eine fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB begangen, steht der Zulässigkeit des Antrags § 172 Abs. 2 Satz 3 StPO entgegen. Zwar ist die Antragstellerin, die durch den Biss des vom Beschuldigten ohne Maulkorb geführten Hundes in ihrer körperlichen Unversehrtheit geschädigt worden ist, insoweit Verletzte. Bei dem Delikt der fahrlässigen Körperverletzung handelt es sich jedoch gemäß § 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO um ein Privatklagedelikt, welches mittels eines Klageerzwingungsverfahrens nach § 172 StPO nicht verfolgt werden kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Auflage, § 172 Rn. 2). Bei einer Einstellung des Verfahrens wegen Verneinung des öffentlichen Interesses bei Privatklagedelikten ist ein Klageerzwingungsverfahren hiernach ebenso wenig zulässig wie bei der Verneinung eines hinreichenden Tatverdachtes (vgl. Meyer-Goßner, aaO. § 170 Rn. 7).
2. Obwohl die angezeigten Taten der Amtsanmaßung und des Missbrauchs von Berufsbezeichnungen Offizialdelikte sind, begründet dies nicht die Zulässigkeit des Klageerzwingungsverfahrens, weil die Antragstellerin durch die angezeigten Offizialdelikte bereits nicht verletzt ist.
a) Soweit die Antragstellerin behauptet, der Beschuldigte habe sich durch die Vorlage eines Dienstausweises und die Bezeichnung als Polizist im Dienst bzw. als Diensthundeführer eines Vergehens gemäß § 132 StGB schuldig gemacht, ist sie nicht Verletzte im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO. Verletzter im Sinne dieser Vorschrift ist, wer durch die behauptete Straftat - ihre Begehung unterstellt - in seinen Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen unmittelbar beeinträchtigt worden ist (vgl. OLG Stuttgart Justiz 2010, 309; NJW 2002, 2893; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2001, 112; KK-Schmid, StPO, 6. Auflage, § 172 Rn. 19, jeweils mit weiteren Nachweisen). In Zweifelfällen ist auf die Schutzzwecklehre zurückzugreifen. Danach kann jemand durch eine Tat nur dann verletzt sein, wenn dessen Rechte durch die (angeblich) übertretene Norm - jedenfalls auch - geschützt werden sollen (vgl. OLG Stuttgart aaO.; KK-Schmid aaO. mit weiteren Nachweisen).
Durch die behauptete Tat der Amtsanmaßung kann die Antragstellerin nicht verletzt sein, weil diese Strafnorm ausschließlich dem Schutz der stattlichen Ordnung und nicht den Schutz von Individualrechtsgütern sichert. Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das die Autorität und das Ansehen des Staates schützen soll. Eine nach § 172 Abs. 1 StPO erforderliche unmittelbare Verletzung von Rechten der Antragstellerin scheidet demnach aus.
b) Auch hinsichtlich des behaupteten, sich durch die Äußerung des Beschuldigten ergebenden Missbrauchs von Berufsbezeichnungen gemäß § 132 a StGB erweist sich der Antrag bereits als unzulässig. Zwar werden durch die Vorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt im Vorfeld von insbesondere Täuschungsdelikten auch Individualrechtsgüter geschützt, die Antragstellerin hat indes keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ihre Verletzteneigenschaft herleiten ließe. Aus dem Vortrag der Antragstellerin, die unzutreffende Äußerung des Beschuldigten, er sei Diensthundeführer bei der Polizei, habe bei ihr den Eindruck erweckt, hier wäre ein Hund im Rahmen einer hoheitlichen Maßnahme oder zumindest im Auftrag der Berliner Polizei ausgeführt worden, und habe ihr das Gefühl suggeriert, der Staat selbst halte sich nicht an die Auflagen der Hundehalterverordnung, ist eine Verletzung eines Rechtsgutes der Antragstellerin nicht zu erkennen. Inwieweit sich hieraus nämlich eine (einzig denkbare) Gefährdung ihres Anspruchs auf Schadenswiedergutmachung ergeben hat oder habe ergeben können, ist vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.
Angesichts der aufgezeigten Mängel kann der Antrag nicht zu der begehrten gerichtlichen Entscheidung führen und ist der auf sie gerichtete Antrag als unzulässig zu verwerfen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Fundstellen