Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 6. Februar 2018 wird geändert.
Der Antrag des Beteiligten zu 2. auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn und Frau R... K... zu Erben zu je 1/2 ausweist, wird zurückgewiesen.
Die Tatsachen, die zur Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt, dass der Erblasser von den Beteiligten zu 1., 2. und 3. sowie von Frau R... K... zu je 1/4 Anteil des Nachlasses beerbt worden ist, werden als festgestellt erachtet.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beteiligten zu 1. und 3. einerseits und dem Beteiligten zu 2. andererseits zu je 1/2 auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 14.000 EUR
Gründe
I. Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet mit E... D..., geb. F..., die am 08.03.2015 vorverstorben ist. Aus der ersten Ehe des Erblassers stammen der Beteiligte zu 2. und dessen Schwester, Frau R... K.... Aus der ersten Ehe der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers entstammen die Beteiligten zu 1. und 3.
Mit gemeinschaftlichem handschriftlichen Testament vom 30. Dezember 1988 errichteten der Erblasser und seine Ehefrau eine Verfügung von Todes wegen, in der es heißt
"...Wir setzen uns hiermit gegenseitig als Erben unseres Nachlasses ein.
Das der Überlebende alleinige Erbe ist und frei verfügen kann, mit einer Ausnahme für Frau F... B... die mietfrei und ein lebenslanges Wohnrecht besitzt.
Bei einem gemeinsamen Tod setzen wir unsere Kinder als Erben ein. ..."
Der Beteiligte zu 2. beantragt im vorliegenden Verfahren die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge, der ihn und seine Schwester als Erben zu je 1/2 ausweist, die Beteiligte zu 1. beantragt einen Erbschein, der den Beteiligten zu 2., dessen Schwester R... K..., sie selbst und ihren Bruder J... L..., den Beteiligten zu 3., als Erben zu je 1/4 ausweist.
Die Beteiligten zu 1. und 3. berufen sich unter Zeugenbeweis darauf, dass der Wille der Erblasser bei Abfassung des Testaments darauf gerichtet gewesen sei, alle vier Kinder nicht nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute, sondern auch für den Fall des erst längere Zeit späteren Versterbens des überlebenden Ehegatten als Schlusserben einzusetzen.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Tatsachen, die zur Erteilung des vom Beteiligten zu 2. beantragten Erbscheins erforderlich sind, als festgestellt erachtet und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Das Testament enthalte eine Einsetzung der vier Kinder als Schlusserben nur für den Fall des gemeinsamen Todes, womit nur Fälle des Versterbens in kurzem zeitlichen Abstand erfasst seien oder solche, in denen der Überlebende praktisch keine Zeit mehr habe, neu zu testieren. Nur wenn besondere Umstände vorlägen, aus denen sich ein weitergehender Wille der testierenden Ehegatten ergebe und die zumindest andeutungsweise im Testament ihren Niederschlag gefunden hätten, sei eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung möglich. Eine solche Andeutung für den Fall des Nacheinanderversterbens finde sich in dem Testament nicht.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrer Beschwerde, mit der sie weiterhin unter Beweisantritt einwendet, es sei der gemeinsame Wille der Eheleute gewesen, alle Kinder als Schlusserben einzusetzen und sie seien davon ausgegangen, dies mit dem Testament getan zu haben.
Der Senat hat die Zeugen A... A..., U... S..., I... La..., B... La..., K... So... und S... S... vernommen. Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf den Berichterstattervermerk vom 27.11.2018 Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff FamFG zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Der Senat kommt nach Durchführung der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass das Testament dahingehend auszulegen ist, dass die Erblasser ihre vier Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden auch für den Fall eingesetzt haben, dass beide Ehepartner in längerem Abstand voneinander versterben. Die Andeutungstheorie lässt vorliegend nach Auffassung des Senats eine dahingehende Auslegung des Testaments zu.
1. Das Testament vom 30. Dezember 1988 enthält keine ausdrückliche und allgemeine Schlusserbeneinsetzung. Vielmehr enthält die letztwillige Verfügung über die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute hinaus eine Erbeinsetzung lediglich für den Fall des gemeinsamen Todes der Eheleute. Im Hinblick auf die Frage, ob die Eheleute mit dieser letztwilligen Verfügung auch eine Regelung für den Fall treffen wollten, dass sie im zeitlichen Abstand versterben, ist das Testament daher auslegungsbedürftig.
2. Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Dieser ist jedoch nicht bindend. Vielmehr sind der Wortsinn und die vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH, NJW 1993...