Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtsgerichtlicher Zuständigkeitsstreit im Hauptsacheverfahren um die Vergütung von Mobilfunkleistungen
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 281 Abs. 2 S. 4
Tenor
Die Sache wird gem. § 36 Abs. 3 ZPO dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten in der Hauptsache die Vergütung von Mobilfunkleistungen i.H.v. 411,31 EUR, die dieser unter der Anschrift "G.-Straße 42b, F." in Auftrag gab.
Die Klägerin hat über diese Forderung beim AG Hagen einen Mahnbescheid beantragt, der dem Beklagten unter der Anschrift "Z.-Ring 28, F." zugestellt worden ist. Hiergegen hat der Beklagte Widerspruch erhoben und als seine Anschrift "F. Str. 58, B." mitgeteilt. Das AG Hagen hat das Verfahren an das in dem Mahnantrag als Prozessgericht bezeichnete AG Fürstenwalde abgegeben. Mit ihrem Schriftsatz vom 13.10.2010 hat die Klägerin den Anspruch begründet und als Anlage das Auftragsformular zu den Akten gereicht. Nachdem die Anspruchbegründung unter der Anschrift "Z.-Ring 28, F." nicht zugestellt werden konnte, hat die Klägerin als neue Anschrift des Beklagten "M ...-Straße 93, B." mitgeteilt, unter der die Anspruchsbegründung am 30.11.2010 zugestellt worden ist.
Mit Verfügung vom 22.12.2010 hat das AG Fürstenwalde die Klägerseite um Mitteilung gebeten, ob Verweisung an das AG Berlin-Neukölln beantragt werde, weil der Beklagte nach seinen Angaben bereits zum Zeitpunkt der Widerspruchserhebung im Januar 2010 in B. wohnhaft gewesen sei. Gleichzeitig hat es dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zum zu erwartenden Verweisungsantrag eingeräumt. Unter Bezugnahme auf diesen Hinweis hat die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 7.1.2011 die Verweisung an das AG Berlin-Neukölln beantragt. Mit Beschluss vom 13.1.2011 hat sich das AG Fürstenwalde für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gem. § 281 ZPO an das nach §§ 12, 13 ZPO für den Wohnsitz des Beklagten zuständige AG Berlin-Neukölln verwiesen.
Das AG Neukölln hat die Parteien mit Verfügung vom 31.1.2011 darauf hingewiesen, dass der Beklagte seinen Wohnsitz bei Vertragsschluss in F. gehabt habe, weswegen das AG Fürstenwalde nach "§§ 261 Abs. 3 Nr. 1, 29 ZPO" örtlich zuständig und der Verweisungsbeschluss nach § 281 ZPO nicht bindend sei. Die Klägerin hat daraufhin die Rückverweisung an das AG Fürstenwalde beantragt. Mit Beschluss vom 22.2.2011 hat sich das AG Neukölln für unzuständig erklärt und die Sache dem OLG Brandenburg zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.
II.1. Der Zuständigkeitsstreit wäre gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 ZPO durch das Brandenburgische OLG zu entscheiden, weil das den am Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichten zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der BGH ist und das zum Bezirk des OLG Brandenburg gehörende AG Fürstenwalde zuerst mit der Sache befasst gewesen ist.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das AG Fürstenwalde als auch das AG Neukölln haben sich i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, ersteres durch nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 13.1.2011 und letzteres durch den seine Zuständigkeit abschließend verneinenden Beschluss vom 22.2.2011, der als solcher den Anforderungen genügt, die an das Merkmal "rechtskräftig" i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es insoweit allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (statt vieler OLG Brandenburg NJW 2004, 780; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 36 Rz. 24 f.).
3. Der Senat geht davon aus, dass das AG Neukölln als zuständiges Gericht zu bestimmen wäre.
Dessen Zuständigkeit folgt aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG Fürstenwalde vom 13.1.2011 (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO kann die Bindungswirkung nur ausnahmsweise infolge der Verletzung höherrangigen (Verfassungs-) Rechts, namentlich bei der ungenügenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiv willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfallen. Im Interesse einer baldigen Klärung der Gerichtszuständigkeit und der Vermeidung von wechselseitigen (Rück-)Verweisungen ist die Willkürschwelle hoch anzusetzen. Einfache Rechtsfehler wie das Übersehen einer zuständigkeitsbegründenden Rechtsnorm rechtfertigen die Annahme einer objektiv willkürlichen Verweisung demzufolge grundsätzlich nicht (BGH, Beschl. v. 15.10.1996 - XII ARZ 15/96, zitiert nach juris, Rz. 6; Beschl. v. 8.4.1992 - XII ARZ 8/92, zitiert nach juris, Rz. 3; OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.12.2003 - 1 AR 84/03, zitiert nach juris, Rz. 8). Hinzu kommen muss dafür vielmehr, dass die Verweisung offenbar gesetzwidrig oder sonst grob rechtsfehlerhaft ist, also gleichsam jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (statt vieler OLG Brandenburg JMBl. 2007, 65, 66; NJW 2006, 3444, 3445; MDR 20...