Verfahrensgang
AG Potsdam (Entscheidung vom 25.03.2002; Aktenzeichen 75 OWi 184/02) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 25. März 2002 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Potsdam zurückverwiesen.
Gründe
I.
Gegen den Betroffenen wurde durch Bußgeldbescheid des Arbeitsamtes Potsdam vom 14. Dezember 2001 eine Geldbuße von 10.100,00 DM festgesetzt. Ihm wurde vorgeworfen, als verantwortlich handelnder Geschäftsführer der P GmbH das Mindestlohngebot verletzt und damit den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG -) vom 26 Februar 1996 erfüllt zu haben.
Nach den Feststellungen des Arbeitsamtes zahlte die betroffene GmbH durch den Betroffenen an vier deutsche Arbeitnehmer im Zeitraum von Januar bis April 2000 einen geringeren Stundenlohn als den Mindesttariflohn von 18, 50 DM.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Betroffenen mit der Begründung freigesprochen, der Betroffene habe sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden.
Hiergegen richtet sich die mit der Sachrüge begründete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beigetreten ist.
II.
Das gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG statthafte Rechtsmittel ist begründet.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen zu Unrecht vom Vorwurf der Verletzung des Mindestlohngebotes freigesprochen. Der vom Arbeitsamt festgestellte, vom Tatrichter zu Grunde gelegte Sachverhalt erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AEntG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 2, 4 AEntG. Die Ausführungen des Instanzgerichts zum Vorliegen eines sogenannten unvermeidbaren Verbotsirrtums halten einer rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Wie die Staatsanwaltschaft Potsdam in ihrer Rechtsmittelbegründungsschrift vom 7. Mai 2002 zu Recht ausgeführt hat, kann der Auffassung des Amtsgerichts zwar noch insoweit gefolgt werden, dass der Betroffene in einem Verbotsirrtum gehandelt haben mag. Sein Verbotsirrtum war aber in jedem Fall vermeidbar. Soweit das Amtsgericht meint, der Betroffene könne grundsätzlich auf die Rechtsansicht der Oberlandesgerichte zum Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vertrauen, hat es verkannt, dass sich die Rechtslage mit der Neufassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes durch Artikel 10 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I 3843, 3850) mit Wirkung ab 1. Januar 1999 geändert hat. Im Zusammenhang mit der Gesetzesänderung ist klargestellt worden, dass das AEntG auf Arbeitgeber mit Sitz im Inland anwendbar ist. Über diese eindeutige Rechtslage hätte sich der Betroffene zu 1. unter Einsatz aller intellektuellen Erkenntnismittel informieren können und als Geschäftsführer eines Bauunternehmens auch müssen. Entsprechenden Rechtsrat einzuholen war ihm zumutbar und durfte von ihm erwartet werden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 7. März 2002 - 1 Ss (OWi) 4 B/02).
Bei dieser Sach- und Rechtslage war der angefochtene Beschluss gemäß §§79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Potsdam zurückzuverweisen.
Fundstellen