Normenkette
ZPO §§ 81, 85 Abs. 2, §§ 114, 124; GG Art. 3, 19 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Aktenzeichen 52 F 39/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Nach Scheidung seiner Ehe durch Urteil des AG Neuruppin vom 18.8.1999, rechtskräftig seit dem 13.7.2000, hat der Antragsteller erstinstanzlich erfolglos Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Stufenklage auf Auskunft und Zahlung nachehelichen Unterhalts gegen die Antragsgegnerin begehrt.
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige, insb. fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Es kann offen bleiben, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Denn auch bei hinreichender Erfolgsaussicht kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, weil die Rechtsverfolgung des Antragstellers mutwillig ist, § 114 ZPO.
Wer eine Folgesache ohne anerkennenswerte Gründe außerhalb des Verbundes geltend macht, handelt mutwillig, so dass keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (OLG Brandenburg v. 23.11.2000 – 9 WF 152/00, FamRZ 2001, 1083; v. 13.5.1997 – 10 WF 16/97, FamRZ 1998, 245; OLG Schleswig v. 23.6.1999 – 13 WF 54/99, FamRZ 2000, 430; OLG Thüringen v. 28.8.1997 – WF 115/97, FamRZ 1998, 1179; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, § 114 Rz. 128 – Unterhalt –; FamVerf/Gutjahr, 2001, § 1 Rz. 270). Dies gilt auch dann, wenn das Verbundverfahren bereits abgeschlossen ist (OLG Köln v. 26.7.1993 – 25 WF 149/93, OLGReport Köln 1993, 342 = FamRZ 1994, 314; FamVerf/Gutjahr, 2001, § 1 Rz. 270).
Eine Partei, welche Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will, ist grundsätzlich gehalten, von mehreren gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen zu beschreiten, welcher die geringsten Kosten verursacht. Da im Verbundverfahren die Gebühren nach den zusammengerechneten Werten der Scheidungssache und der Folgesachen berechnet werden (§§ 19a Abs. 1 S. 1 GKG, 7 Abs. 2 und 3 BRAGO), sparen die Ehegatten Kosten, wenn sie Folgesachenanträge stellen, statt nach Rechtskraft der Scheidung selbstständige Prozesse zu führen. Im Falle der isolierten Klage fallen hingegen erneut gerichtliche und insb. außergerichtliche (Anwalts-)Gebühren an. Die bedürftige Partei muss daher Folgesachen, wie hier den nachehelichen Ehegattenunterhalt, grundsätzlich in dem Verbundverfahren geltend machen, wenn nicht sachliche Gründe für eine Geltendmachung außerhalb des Verbundes vorliegen.
2. Besondere sachliche Gründe für eine isolierte Klage sind nicht vorgetragen und auch nicht zu erkennen. Soweit sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde darauf beruft, allein auf Grund des Anratens seines Prozessbevollmächtigten im Ehescheidungsverfahren von der Geltendmachung des nachehelichen Unterhalts im Verbund abgesehen zu haben, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn der Antragsteller muss sich das Verschulden seines Rechtsanwalts auch im Prozesskostenhilfeverfahren gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen (BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 161/01, MDR 2001, 1312 = BGHReport 2001, 750 = NJW 2001, 2720 [2721 f.]; OLG Brandenburg v. 13.6.1997 – 10 WF 20/97, FamRZ 1998, 249 [250] m. w N.; FamVerf/Gutjahr, 2001, § 1 Rz. 270).
Der Gegenauffassung, die mit der Erwägung begründet wird, der Zweck des § 85 Abs. 2 ZPO, nämlich das Prozessrisiko nicht zu Lasten des Verfahrensgegners zu verschieben, erfasse das nichtkontradiktorische Verfahren nach §§ 114 ff. ZPO nicht, weil hier dem Antragsteller nur die Staatskasse gegenübersteht und der Prozessgegner nicht Partei dieses Verfahrens und deshalb nicht schutzbedürftig sei, ist nicht zu folgen. § 85 Abs. 2 ZPO enthält keine Einschränkungen bei der Zurechnung des Vertreterverschuldens. Die Regelung des § 85 ZPO befindet sich in den allgemeinen Vorschriften des ersten Buches der ZPO und ist deshalb mit einem umfassenden Geltungsanspruch ausgestattet. Damit gilt sie auch im Rahmen der Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, §§ 114 ff. ZPO, die insb. keine Sondervorschriften zur Frage der Anrechnung des Verschuldens von Prozessbevollmächtigten enthalten. Nach der gesetzlichen Systematik ist § 85 Abs. 2 ZPO deshalb zwingend auch im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren anzuwenden (BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 161/01, MDR 2001, 1312 = BGHReport 2001, 750 = NJW 2001, 2720 [2721]). Soweit diesem gesetzessystematischen Argument damit begegnet wird, dass in § 81 ZPO, einer im selben Abschnitt der ZPO befindlichen Vorschrift, der Antrag auf Prozesskostenhilfe gerade nicht erwähnt sei (vgl. von Mettenheim, LM H. 11/2001, § 85 ZPO Nr. 36 Bl. 4), trägt dies nicht. Denn der aus § 81 ZPO folgende Umfang der Prozessvollmacht ist schon von seinem Gesetzeswortlaut her weit gefasst, da alle den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen erfasst werden sollen. Soweit in § 81 ZPO einzelne solcher Prozesshandlungen benannt werden, lässt dies nicht darauf schließen, dass bei Fehlen einer solchen – wie der Prozesskostenhilfe – diese von dem Umfang der Prozessvollmacht gerade nicht erfasst werden soll. ...