Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragungspflicht bei sofortigem Anerkenntnis nach vorheriger regelmäßiger und rechtzeitiger Unterhaltszahlung in anerkannter Höhe
Leitsatz (redaktionell)
Ein auf den vollen Unterhalt verklagter Unterhaltsverpflichteter hat hinsichtlich des freiwillig gezahlten Sockelbetrages keine Veranlassung zur Klage gegeben, falls er nicht vorprozessual zur Titulierung dieses Sockelbetrages aufgefordert worden ist.
Normenkette
ZPO § 92 Abs. 2, §§ 93, 269 Abs. 3 S. 2, § 100 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Potsdam (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 44a F 237/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beklagten wird das Urteil des AG - Familien-gerichts - Potsdam vom 17.4.2008 - 44a F 237/07 - hinsichtlich seines Ausspruchs zu den Kosten (Ziff. 5 des Tenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 2) ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie jeweils 20 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten; die Klägerin zu 3) ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie jeweils 23 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten.
Die übrigen Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Klägerin zu 1).
II. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerinnen zu 1)-3) jeweils 1/3 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
III. Gegen die Entscheidung über die Kostenbeschwerde wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
IV. Der Streitwert des Verfahrens erster Instanz wird abweichend von der Festsetzung des AG auf 12.067,76 EUR, der des Beschwerdeverfahrens auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die Kostenentscheidung des AG ist gem. § 99 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 567 ZPO statthaft. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Kosten des Hauptsacheverfahrens haben gem. § 92 Abs. 2, § 93, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Klägerinnen entsprechend dem Anteil ihrer Klageforderung am gesamten Verfahrens-gegenstand zu tragen (§ 100 Abs. 1 ZPO).
Im Umfang ihrer Teilklagerücknahmen sind ihnen die Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen; der Klägerin zu 1) zudem gem. § 269 Abs. 3 ZPO analog hinsichtlich der zunächst im eigenen Namen geltend gemachten Ansprüche auf Kindesunterhalt (vgl. Zöller/
Greger, ZPO, 26. Aufl., Rz. 31 zu § 263 m.w.N.; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 118).
Soweit die Klageansprüche der Klägerinnen zu 2) und 3) mit Urteil vom 17.4.2008 teilweise zurückgewiesen wurden, haften sie gem. § 92 Abs. 1 ZPO für die Kosten des Rechtsstreits.
Sie sind gem. § 93 ZPO verpflichtet, auch die Kosten des Verfahrens über die Klageansprüche zu tragen, denen mit Teilanerkenntnisurteil entsprochen wurde. Der Beklagte hat die Klage-forderungen sofort anerkannt. Er hat hinsichtlich der anerkannten Unterhaltsansprüche keine Veranlassung zur Klage gegeben, weil er bis zur Klageerhebung regelmäßig und rechtzeitig Unterhalt in der anerkannten Höhe gezahlt hat. Zur Titulierung des freiwillig geleisteten Unterhalts ist er vor Klageerhebung nicht aufgefordert worden.
Es ist zwar überwiegend anerkannt, dass der Unterhaltsberechtigte auch dann ein Rechts-schutzbedürfnis auf Titulierung des Unterhalts hat, wenn der Verpflichtete rechtzeitig und regelmäßig leistet (BGH FamRZ 1998, 1165). Solange der Berechtigte jedoch sein Titulie-rungsinteresse nicht geltend macht, besteht für den Verpflichteten kein Anlass, an einer (nicht geforderten) Titulierung mitzuwirken. Nur dann, wenn er nach Aufforderung durch den Be-rechtigten nicht an der Titulierung mitwirkt, kann letzterer Anlass zur Klageerhebung haben (OLG Bamberg, JürBüro, 1988, 539; OLG Naumburg FamRZ 2006, 1052; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., Rz. 6 zu § 93 Stichwort: Unterhaltssachen m.w.N.; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, Rz. 7a zu § 93).
Ob die oben genannten Grundsätze auch auf die Fälle anzuwenden sind, in denen der Unterhaltsverpflichtete nur Teilleistungen erbringt, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.
a) Teilweise wird die Meinung vertreten, dass ein Unterhaltspflichtiger, der nur zu Teilleistungen bereit ist, durch sein Verhalten zur Einreichung der Klage hinsichtlich des vollen Unterhaltsanspruchs Veranlassung i.S.v. § 93 ZPO gebe (OLG Koblenz FamRZ 1986, 826; OLG Köln NJW-RR 1998, 1703 und OLGR, 2002, 384; OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 1130; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., Rz. 6 zu § 93 Stichwort: Unterhaltssachen m.w.N.).
b) Eine andere Meinung geht davon aus, dass der auf den vollen Unterhalt verklagte Unterhaltsverpflichtete hinsichtlich des freiwillig gezahlten Sockelbetrages keine Veranlassung zur Klage gegeben hat, falls er nicht vorprozessual aufgefordert worden ist, diesen Sockelbetrag titulieren zu lassen (OLG Oldenburg, FamRZ, 2003, 1575; OLG Bremen FamRZ 1989, 876; OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 102; OLG Nürnberg, FamRZ 2000, 621; Hüsstege in Thomas/...