Leitsatz (amtlich)
Kommt es aufgrund einer fehlerhaften Implantation einer Kniegelenksprothese mit einer Valgusfehlstellung von 13,55 zu einer Behandlungsverlängerung um neun Monate und zur Notwendigkeit einer Revisionsoperation sowie einer anschließenden erneuten Reha-Maßnahme, ist ein Schmerzensgeld von 10.000,00 EUR angemessen.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 03.12.2015; Aktenzeichen 14 O 257/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 3.12.2015 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt/Oder - 14 O 257/12 - teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.09.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche aus der fehlerhaften Behandlung resultierenden weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder bereits übergegangen sind.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den nach dem RVG nicht konsumierten vorgerichtlichen Kosten bei den Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.369,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.09.2012 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen einer nach seiner Behauptung fehlerhaften Behandlung in der Zeit vom 24.02.2010 bis zum 16.03.2010 im Krankenhaus der Beklagten, in deren Rahmen dem Kläger eine Genesis-Knie-TEP-Protese links aufgrund eines Kniebinnenschadens implantiert worden ist, auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden in Anspruch.
Der Kläger macht geltend, die Prothese sei bei der am 25.02.2010 durchgeführten Operation nicht fachgerecht implantiert worden, sondern nach der Operation sei eine Valgusfehlstellung von 15 verbunden mit einer Rotationsfehlstellung verblieben, weshalb am 16.11.2010 eine Revisionsoperation habe vorgenommen werden müssen. Dadurch habe sich eine Verlängerung der Behandlung um neun Monate ergeben. Der Kläger macht darüber hinaus geltend, infolge des fehlerhaften Eingriffs habe er seinen Beruf als Wasserbauwerker und Schichtleiter nicht mehr ausüben können und sei nunmehr dauerhaft arbeitsunfähig. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes habe er sein im Jahre 2006 erworbenes Haus verkaufen müssen und lebe nunmehr in einer Mietwohnung. Er begehrt ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000 EUR sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitere materielle Schäden für Vergangenheit und Zukunft sowie nicht vorhersehbare immaterielle Zukunftsschäden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Zwar sei die Beklagte vom Facharztstandard abgewichen, indem sie vor der Operation keine Planungsskizze auf der Grundlage präoperativer Röntgenbilder erstellt habe. Darüber hinausgehende Fehler der Beklagten seien nicht festzustellen. In der vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Fehlstellung liege kein Behandlungsfehler, sondern lediglich die mögliche Folge eines Behandlungsfehlers. Auch das Vorgehen während der Operation sei nicht fehlerhaft gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Kammer nicht davon überzeugt, dass der vom Sachverständigen festgestellte Planungsfehler zu der Außenrotationsfehlstellung und einer valgischen Kniegelenksachse von 13,55 geführt habe. Nach den Ausführungen des Sachverständigen seien auch bei einer einwandfreien Planung Achsenfehler nicht auszuschließen. Deshalb könne nicht mit dem erforderlichen Grad von Gewissheit festgestellt werden, dass sich das Risiko im Streitfall verwirklicht und der Planungsfehler die Fehlstellung tatsächlich herbeigeführt habe. Dem Kläger kämen im Streitfall keine Beweiserleichterungen zugute. Ein grober Behandlungsfehler liege nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihm am 14.12.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 18.12.2015 per Telefax beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung ...