Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 09.01.2024; Aktenzeichen 13 O 50/23) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 09.01.2024, Az. 13 O 50/23, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Kopie der personenbezogenen Daten zum Beitragsverlauf des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer K... - mit Ausnahme des Pflegepflichtversicherungstarifs - in den Jahren 2017, 2018 und 2019 zur Verfügung zu stellen, aus der folgende Informationen zu entnehmen sind:
- Zeitpunkt und Höhe des Alt- und Neubeitrages für jede stattgefundene Beitragsanpassung gemäß § 203 Abs. 2 VVG
- Zeitpunkt erfolgter Tarifwechsel unter Angabe des Herkunfts- und Zieltarifs
- Zeitpunkt erfolgter Tarifbeendigungen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 7.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit von Prämienanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung und sich daraus ergebende Ansprüche auf Rückerstattung, Feststellung und Herausgabe von Nutzungen sowie um Auskunftsansprüche in Bezug auf Beitragsanpassungen in dem Zeitraum 2017 bis 2019.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a ZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Klägerin ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags, um welchen die Klage erst im Berufungsverfahren erweitert wurde, begründet. Berufungsgründe sind im Übrigen nicht gegeben; weder beruht das angefochtene Urteil insoweit auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für die Klägerin günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Die Klägerin hat in der Hauptsache weder einen Anspruch auf Rückzahlung vermeintlich zu Unrecht entrichteter, überhöhter Prämienzahlungen noch auf Feststellung der Unwirksamkeit der in Rede stehenden Beitragsanpassungen.
Im Einzelnen:
1. Zutreffend hat das Landgericht zunächst festgestellt, dass die Beitragsanpassung der Beklagten in 2020 in dem Tarif BS9 keinen materiellen Wirksamkeitsbedenken begegnet.
Nach dem Sach- und Streitstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist zugrunde zu legen, dass die materiellen Voraussetzungen für die in Rede stehenden Beitragsanpassung vorgelegen haben.
a) Die Vollständigkeit der dem Treuhänder seitens der beklagten Versicherung übergebenen Unterlagen betrifft dabei allerdings nicht die materielle Rechtmäßigkeit der jeweiligen Beitragsanpassung, sondern das hierfür vorgesehene Verfahren. Die dahingehende Rechtsauffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu statt vieler Urt. v. 08.11.2023 -11 U 122/23; v. 27.09.2023 - 11 U 65/23; v. 12.07.2023 - 11 U 28/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23; Beschl. v. 24.05.2023 - 11 U 275/22; vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.09.2023 - 8 U 810/23, Rn. 10, juris; OLG Köln, a.a.O., Rn. 17), an der auch die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nichts zu ändern vermögen.
Nach § 155 Abs. 1 S. 2 VAG (bzw. § 12b Abs. 1 VAG a.F.) wird dem Treuhänder im Hinblick auf die Berechnung der Prämien auferlegt zu prüfen, ob diese mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Ist dies der Fall, ist die Zustimmung nach Satz 5 dieser Regelung zu erteilen. Was dagegen die in § 155 Abs. 2 VAG (bzw. § 12 b Abs. 2 VAG a.F.) gesondert geregelte Verwendung der (erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen) RfB-Mittel angeht, die der Zustimmung des Treuhänders bedürfen, so heißt es demgegenüber lediglich, dass er darauf zu achten habe, dass die in der Satzung und den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten ausreichend gewahrt sind (Senatsurt. v. 04.10.2023 - 11 U 62/23; v. 26.09.2023 - 11 U 65/23; v. 05.07.2023 - 11 U 24/23, BeckRS 2023, 16581 zustimmend Günther, FD-VersR 2023, 458602, beck-online; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 21.02.2023 - 16 U 139/19, Rn. 69 ff., juris). Der Umstand, ob dem Treuhänder die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sind, betrifft demnach nicht die formelle oder materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassung als solche (Senat, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O., Rn. 71, juris). Dieser Umstand und die daraus resultierende Folgefrage, ob nämlich der Treuhänder auf der Grundlage der - vollständig oder nicht - vorgelegten Unterlagen seine tatsächlich erteilte Zustimmung hätte erteilen dürfen, betrifft nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung nicht die Wirksamkeit der Beitragsanpassung, sondern ist Teil der aufsichtsrechtlichen Aufgaben des Treuhänders. Diese zu überprüfen ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, sondern ...