Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der von der Musterbeklagten vorformulierten Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die Formulierungen
"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst" keine wirksame Zinsanpassungsklausel vereinbart hat (Feststellungsziel III.1.).
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die in Ziffer 1. genannten Verträge, in denen keine wirksame Zinsanpassungsklausel vereinbart wurde, vorzunehmen
a) für die bis einschließlich September 1997 geschlossenen Verträge auf der Grundlage der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zeitreihe für die Umlaufsrendite von siebenjährigen Bundesanleihen und
b) für die ab Oktober 1997 geschlossenen Verträge auf der Grundlage von nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen von endfälligen Bundesanleihen mir siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der Deutschen Bundesbank: BBSIS.M.I.ZST.ZI.EUR.S1311.B.A604.R07XX.R.A.A._Z._Z.A; vormalige Bezeichnung: Zeitreihe WZ 9820) (Feststellungsziel III.2.(c)).
3. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, aufgrund jeder Veränderung des im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach Ziffer 2. festgelegten Referenzzinssatzes die Zinsänderung in den in Ziffer 1. genannten Sparverträgen monatlich und ohne Berücksichtigung einer Schwelle vorzunehmen (Feststellungsziel III.3).
4. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, bei der Zinsanpassung in den in Ziffer 1. genannten Sparverträgen das relative Verhältnis zu wahren, welches sich zwischen dem anfänglich vereinbarten Zinssatz und dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß Ziffer 2. ermittelten Referenzzinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht, wobei ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist (Feststellungsziel III.4).
5. Es wird festgestellt, dass vertragliche Ansprüche von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf die von der Musterbeklagten zu zahlenden Zinsen, gleich ob bereits gutgeschrieben oder nicht, frühestens ab dem Zeitpunkt einer wirksamen Beendigung ihres Prämiensparvertrages "S-Prämiensparen flexibel" fällig werden (Feststellungsziel IV.1).
6. Der Antrag zum Feststellungsziel IV.2 wird als unzulässig zurückgewiesen.
Die weitergehende Musterfeststellungsklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Musterkläger 62,5 % und die Musterbeklagte 37,5 % zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Der Musterbeklagten wird gestattet, eine von ihr zu erbringende Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Steuer- und Zollbürgen zugelassenen Kreditinstituts mit Sitz in der Europäischen Union zu leisten.
Tatbestand
Der Musterkläger, ein in die Liste für qualifizierte Einrichtungen gemäß § 4 des UKlaG unter der laufenden Nr. 55 eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die Musterbeklagte. Im Streit stehen die Unwirksamkeit der Klauseln zur Verzinsung der Sparguthaben und deren Folgen sowie die Verjährung etwaiger Ansprüche auf Zinsen.
Die Musterbeklagte hat seit den 1990er Jahren bis in die 2000er Jahre hinein mit einer Vielzahl von Kunden, die Verbraucher sind, (teilweise) unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Bedingungen für den Sparverkehr und ab spätestens 1996 der Sonderbedingungen für den Sparverkehr formularmäßige Verträge mit der Bezeichnung "S-Prämiensparen flexibel" abgeschlossen. Die Sparverträge sahen die Einzahlung einer individuell ausgehandelten monatlichen Sparrate vor, zusätzlich konnte bereits bei Vertragsbeginn ein Sparbetrag als einmalige Zahlung geleistet werden. Die Höhe der anfänglichen Verzinsung wurde von der Beklagten vorgegeben.
Zur Verzinsung des Sparguthabens heißt es in den Verträgen: "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" bzw. "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst". Ferner war bestimmt, dass die Zinsen dem Sparguthaben jährlich gutgeschrieben und sodann kapitalisiert werden.
Neben der Verzinsungspflicht hat sich die Musterbeklagte zur Zahlung einer verzinslichen S-Prämie verpflichtet, die gemäß nachfolgender Prämienstaffel auf die vereinbarungsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres zu zahlen sei; die Prämie betrug nach dem
3. Sparjahr 3%
4. Sparjahr 4%
5. Sparjahr 6%
6. Sparjahr 8%
7. Sparjahr 1...