Leitsatz (amtlich)
Ein Unternehmen, das die städtische Trinkwasserversorgung erbringt, hat bei seiner Tarifgestaltung die im kommunalen Abgabenrecht geltenden Grundsätze der Kostendeckung, Äquivalenz und Gleichbehandlung anzuwenden.
Bei der Bemessung des Grundpreises kann grundsätzlich auf die Anzahl der Wohneinheiten abgestellt werden. Wird der Wohneinheitenmaßstab aber in einer Weise mit dem Maßstab der Wasserzählergröße kombiniert, die zu einer unrealistischen Gewichtung des Gezählten führt, ist diese Regelung rechtswidrig (Anschluss an OVG Berlin-Brandenburg, OVGE BE 258) und entspricht nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB.
Normenkette
BGB § 315; Brandenburgisches KAG § 6; AVBWasserV § 4
Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 18.03.2014; Aktenzeichen 11 O 84/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.03.2014 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Cottbus abgeändert und die Klage zur Gänze abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil gegen sie zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte wegen des zu vollstreckenden Betrages in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) Inhaberin eines Unternehmens, das im Bereich der Stadt C. die Trinkwasser- und Abwasserversorgung sowie weitere Dienstleistungen mit Bezug zu den beiden vorgenannten erbringt.
Die Beklagte ist eine Wohnungsbaugenossenschaft in C. mit einem Wohnungsbestand von etwa 10.500 Wohnungen.
Die Klägerin rechnete die von ihr erbrachte Trinkwasserversorgung seit dem 01.01.1994 nach einem Grundpreis zuzüglich eines verbrauchsabhängigen Mengenpreises ab. Mit Wirkung zum 01.07.2006 nahm die Klägerin unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 und 2 AVBWasserV eine Neufestsetzung der Trinkwasserbezugspreise vor. Der Grundpreis für Wohnungsbebauungen betrug demnach 8 EUR netto je Wohneinheit. Für Grundstücke, die gewerblich genutzt wurden, verblieb es bei der Maßgeblichkeit der Größe der eingebauten Zähler, wobei der Gebührensatz um ungefähr ein Drittel angehoben wurde. Der Mengenpreis beträgt seit der Neufestsetzung der Preise der Klägerin 1,12 EUR netto.
Im März 2007 ermäßigte die Klägerin den für Wohneinheiten in Ansatz zu bringenden Grundpreis rückwirkend auf den 01.07.2006 auf 6,35 EUR netto.
Der über den so kalkulierten Grundpreis von den Kunden der Klägerin zu erzielende Kostenbeitrag macht gemäß ihrem von der Beklagten bestrittenen Vortrag fünfzig Prozent ihrer Fixkosten aus.
Die Beklagte weigerte sich, die im Zeitraum vom 01.10.2006 bis zum 30.09.2007 von der Klägerin für verschiedene ihrer Wohnanlagen abgerechneten Grundpreise zu zahlen. Sie hält die einseitige Preisänderung, die für sie eine Mehrbelastung durch die nunmehr geforderten Grundpreise von 745.844,30 EUR mit sich bringe, für unbillig im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB.
Die Klägerin hat beim LG Klage erhoben, mit der sie zunächst nur auf den Grundpreis für den vorstehend genannten Zeitraum in Höhe von 5.414,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus seit dem 08.12.2007 gefordert hat.
In der Folge hat sie klageerweiternd auf die Feststellung angetragen, dass zwischen den Parteien ein Trinkwasserversorgungsverhältnis auf der Grundlage der von ihr ab dem 01.07.2006 geforderten Preise begründet worden sei.
Das LG hat gemäß Beschluss vom 19.01.2010 Beweis erhoben zu der Behauptung der Klägerin, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Äquivalenz und der Kostendeckung seien bei der Änderung ihres Trinkwassertarifsystems gewahrt worden, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (518 - 520). Zum Sachverständigen wurde Prof. Dr. Sch. bestellt, der sein schriftliches Gutachten am 14.06.2011 vorgelegt (597 f.) und im Januar 2013 erläutert hat (im in Band V liegenden blauen Schnellhefter).
Mit dem angefochtenen Urteil ist der Klage in Höhe von 4.436,67 EUR nebst geltend gemachter Zinsen und hinsichtlich des Feststellungsantrages stattgegeben worden. Das LG hat die Änderung der Grundpreise der Klägerin zum 01.07.2006 für verbindlich erachtet. Die Preisbestimmung sei billig im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB, weil sie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Äquivalenz und der Kostendeckung beachte.
Das am 18.03.2014 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Cottbus ist der Beklagten am 26.03.2014 zugestellt worden.
Die Beklagte hat gegen das Urteil am 22.04.2014 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 26.06.2014 am 26.06.2014 begründet hat.
Die Beklagte beanstandet im Wesentlichen, das LG habe verkannt, dass die zum 01.07.2006 vorgenommene Bemessung der Grundgebühren gegen das Gle...