Verfahrensgang
LG Cottbus (Entscheidung vom 19.11.2008; Aktenzeichen 3 O 178/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. November 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - 3 O 178/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadenersatz wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung in Anspruch.
Gegen den Kläger, der mit seiner Ehefrau und sieben Kindern in D... wohnte, wurden Anfang 2006 durch die Staatsanwaltschaft Cottbus mehrere Ermittlungsverfahren, u. a. ein Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeleitet. Nachdem das Jugendamt dem Kläger das Sorgerecht über seine Kinder aufgrund des Missbrauchsverfahrens entzogen hatte, wandte sich dieser an die L..., die am .... Mai 2006 ein Interview mit ihm sowie ein Foto von ihm veröffentlichte. Das Missbrauchsverfahren wurde später eingestellt und dem Kläger das Sorgerecht wieder übertragen.
Über die gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren wurde später verschiedentlich im Fernsehen berichtet; ob das Gesicht des Klägers hierbei erkennbar war, ist streitig. Am .... Februar 2007 strahlte der Beklagte einen Bericht über den Beginn der Hauptverhandlung gegen den Kläger aus. In diesem Verfahren wurden dem Kläger u. a. die gefährliche Körperverletzung einer Staatsanwältin sowie der Besitz von kinderpornografischen Schriften vorgeworfen. Der Kläger wurde von dem Beklagten bei dem Betreten des Gerichtssaals und während ihm die Handfesseln abgenommen wurden gefilmt. Hierbei war das Gesicht des Klägers erkennbar. Hinsichtlich des Wortlauts des Berichts wird auf Bl. 34 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen. Nachdem sich der Kläger mit Schreiben vom selben Tage an die Beklagte gewandt hatte, sperrte diese unverzüglich den archivierten Beitrag mit dem Bild des Klägers für eine weitere Verwendung.
Das Landgericht Cottbus verurteilte den Kläger wegen Körperverletzung sowie wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material zu 32 Monaten Haft.
Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil (Tatbestand) verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Ausgleich des immateriellen Schadens besteht nicht.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Entschädigungsanspruch in Höhe von 5.000,00 € gem. § 823 Abs. 1 i.V.m. Art 2, Abs. 1 GG (zur Anspruchsgrundlage vgl. BGH NJW 1995, S. 861; 2000, S. 2195; 2005, S. 215).
Nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen (BVerfG NJW-RR 2007, S. 1055) Rechtsprechung besteht ein solcher Anspruch nur dann, wenn eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt und sich diese Beeinträchtigung nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise (Genugtuung durch Unterlassung, Gegendarstellung oder Widerruf) befriedigend ausgleichen lässt (BGH NJW 2000, 2195). Letztlich kann hier dahinstehen, ob die Berichterstattung des Beklagten rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreift, jedenfalls stellt die Ausstrahlung des Berichts keine so schwere Persönlichkeitsverletzung des Klägers dar, die die Zubilligung einer Entschädigung in Geld geboten erscheinen lässt.
1. Der Fernsehbericht des Beklagten über den Kläger, in dem dieser erkennbar gezeigt wurde, greift allerdings in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ein.
Die Berichterstattung über Entstehung, Ausführung und Verfolgung einer Straftat unter Namensnennung, Abbildung und Darstellung des Straftäters greift zwangsläufig in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, weil sie sein Fehlerverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 2009, 1 BvR 1107/09 m.w.N.). Der Kläger hat in die Verbreitung bzw. Zurschaustellung der Abbildung nicht i.S.v. § 22 KUG eingewilligt. Eine konkludente Einwilligung anlässlich der Aufnahmen wurde nicht erteilt. Er war insbesondere weder verpflichtet, den Filmaufnahmen zu widersprechen noch durch abwehrende Gesten seine fehlende Einwilligung kund zu tun. Der Vortrag des Beklagten, die Reporter hätten sich durch Blickkontakt zum Kläger vergewissert, dass eine solche besteht, ist gleichfalls nicht geeignet, eine Einwilligung anzunehmen. In dem Dulden der Filmaufnahmen liegt keine Zustimmung zur Veröffentlichung der Bilder. Allein dem Blick in die Augen sowie dem Zurückschauen ist - jedenfalls ohne das Hinzutreten weiterer Umstände - kein solcher Erklärungswert beizumessen. Den entsprechenden Beweisangeboten ist das Landgericht daher zu Recht nicht nachgegangen. Die Einwilligung des Klägers im Jahr 2006 bezog sich ausschließlich auf den über ihn erscheinenden Presse...