Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 01.06.1999; Aktenzeichen 6 O 595/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 01.06.1999, Az.: 6 O 595/98. wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit von 10.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
Die Beschwerden Klägerin beträgt 105.648,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz, weil dieser in einem Verkehrswertgutachten gegenüber dem Amtsgericht Potsdam als Vollstreckungsgericht ein zu versteigerndes Grundstück zu hoch bewertet habe, das die Klägerin in der Folgezeit ersteigerte.
Mit Beschluss vom 11.03.1996 beauftragte das Amtsgericht Potsdam als Vollstreckungsgericht in dem Zwangsversteigerungsverfahren zum Az.: 3 K. den Beklagten mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens über das im Eigentum des Vollstreckungsschuldners befindliche und zu versteigernde Flurstück in der Flur der Gemarkung G. Aufgrund dessen ließ sich der Beklagte am 10.04.1996 den Auszug aus der Flurkarte mit diesem Grundstück ausfertigen; mit und aufgrund dieses Auszuges besichtigte er am 06.05.1996 das zu versteigernde Grundstück, das zu betreten ihm der Vollstreckungsschuldner gestattete. Der Vollstreckungsschuldner war bei der Besichtigung des Grundstücks durch den Beklagten zugegen und legte ihm ein Wertermittlungsgutachten des Dipl.-Ing. T. vom 18.10.1993 vor, nach dem der Verkehrswert des Grundstücks 1 Mio. DM betrug. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück war auf drei Seiten eingezäunt und erstreckte sich an der vierten Seite optisch bis zum Havelufer. Ein dort wachsender Schilfgürtel war zum Zeitpunkt der Besichtigung verwildert und der dortige Boden morastig.
Der Beklagte stufte das Grundstück als Seegrundstück ein und ermittelte den Basiswert unter Berücksichtigung eines hierauf gegründeten Lagezuschlages von 277,50 DM pro qm mit insgesamt 635,48 DM pro qm und den Verkehrswert unter Zugrundelegung des § 194 Baugesetzbuch mit gerundet 700.000,00 DM. Die westliche Grundstücksgrenze markierte er auf dem Auszug auf der Flurkarte als direkt an der Havel verlaufend. Sein Verkehrswertgutachten vom 22.05.1996 zum Stichtag 06.05.1996 lag im Versteigerungstermin am 17.04.1998 vor. In diesem Termin ersteigerte die Klägerin das Grundstück für 555.000,00 DM.
Entgegen der zeichnerischen Darstellung des Beklagten auf dem Flurkartenauszug in seinem Gutachten befindet sich zwischen dem Flurstück und der Havel ein Flurstück das im Grundbuch von G. auf Bl. im Bestandsverzeichnis 1 mit 8 qm eingetragen ist mit dem Vermerk: „Eigentum des Volkes, Rechtsträger: Wasserstraßenamt Brandenburg.” Wegen der genauen Geometrie der Katasterfläche verweist der Senat auf die Ablichtung des unmarkierten Flurkartenauszuges (78 GA).
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, wegen des Vorhandenseins des Flurstückes sei der Lagezuschlag für ein Seegrundstück von 277,50 DM pro qm auf den Basisbodenwert fehlerhaft und mit Null anzusetzen, so dass sich ein Verkehrswert von 449.352,00 DM für das 890 qm große Grundstück ermittele. In Höhe von 105.648,00 DM sei ihr ein Schaden dadurch entstanden, dass sie im Vertrauen auf die Richtigkeit des Verkehrswertgutachtens des Beklagten das Grundstück für 555.000,00 DM ersteigert habe. Der Beklagte habe den Lagezuschlag „ins Blaue hinein” angesetzt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 105.648,00 DM nebst 4 % Zinsen ab 18.07.1998 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den Standpunkt vertreten, dass dem Vorhandensein des Flurstücks keine weitere Bedeutung beizumessen sei, zumal es, was unstreitig ist, die Klägerin uneingeschränkt betreten darf. Schon deswegen habe das Gutachten keine gravierenden Fehler enthalten. Davon abgesehen, dass das Vorhandensein des kleinflächigen Flurstückes dem Lagezuschlag nicht entgegenstünde, habe, wie der Beklagte geltend gemacht hat, die Klägerin keine Anhaltspunkte für ein leichtfertiges, gewissenloses und gar vorsätzliches Fehlverhalten des Beklagten vorgebracht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Vertragliche Ansprüche hat es unter Hinweis auf höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung verneint, deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB abgelehnt, da lediglich das Vermögen der Klägerin betroffen sei. Deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Aussagedelikten hat es nicht durchgreifen lassen. Einen Meineid hat es verneint, da der Beklagte sein Gutachten nicht beeidet und sich auch nicht auf einen Sachverständigeneid berufen habe (§§ 154, 155 Nr. 2 StGB). Eine falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB) hat es verneint, da die Nichtdarstellung des Flurstückes das Gutachten des Beklagten nicht verfälsche. Zudem hat es den Vorsatz des Beklagten verneint, da sich nicht habe feststellen lassen, dass sich der Beklagte über das Vorhandensein des Flurstückes bewuss...