Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Zum Abfindungsanspruch der Erben eines verstorbenen GmbH-Gesellschafters.

 

Normenkette

BGB § 1922

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 04.03.1998; Aktenzeichen 2 O 758/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.3.1998 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 53.840,00 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine Abfindung in Höhe von 53.840,00 DM für ihr Ausscheiden aus der Gesellschaft der Beklagten.

Die Beklagte verfügt über die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die durch Umwandlung gemäß notariell beurkundetem Beschluß vom 14.3.1992 aus der Produktionsgenossenschaft Malerei und Gerüstbau H. entstanden ist. Das Stammkapital der Beklagten betrug bei ihrer Errichtung 1.781.900,00 DM. Der Ehemann der Klägerin hielt als Gründungsgesellschafter einen Geschäftsanteil von 67.000,00 DM. Er verstarb am 2.4.1993. Die Klägerin ist die alleinige Erbin ihres Ehemannes.

Die Satzung der Beklagten trifft unter § 10 Regelungen zur „Erbfolge” und unter § 11 solche zur „Abfindung”. Die beiden Bestimmungen lauten (Bl. 30, 31 d. A.):

§ 10: „Nach dem Tode eines Gesellschafters sind dessen Erben verpflichtet, den ererbten Geschäftsanteil nach Wahl der Gesellschaft an diese oder einen von der Gesellschafterversammlung zu bestimmenden Dritten oder einen Gesellschafter abzutreten. Nach Wahl der Gesellschafterversammlung kann auch die Einziehung beschlossen werden.

In jedem Falle scheiden die Erben eines Gesellschafters aus der Gesellschaft aus.

Für das zu zahlende Abfindungsentgelt gilt § 11 dieser Satzung entsprechend”.

§ 11: „In jedem Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters erhält dieser nur den Nominalwert seines Geschäftsanteils.”

Mit Schreiben vom 9.6.1994 machte die Klägerin die „Auszahlung von Geschäftsanteilen” geltend. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.1.1995 forderte die Klägerin die Beklagte zur Übernahme ihres Geschäftsanteils und Auskehr einer Abfindung von 67.000,00 DM auf. Die Klägerin erhob vor dem Amtsgericht Oranienburg (Az.: 25 C 12/96) Klage mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, ihr – der Klägerin – gegenüber verbindlich zu erklären, ob die Beklagte die Gesellschafteranteile des verstorbenen Mitgesellschafters H. A. übernehme. Außerdem machte sie Schadensersatzansprüche geltend. Die Klage wurde mit Urteil des Amtsgerichts vom 21.8.1996 abgewiesen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihr gegenüber nunmehr auch ohne vorausgehende Entscheidung über den Verbleib des Geschäftsanteils ihres verstorbenen Ehemannes verpflichtet, 53.840,00 DM Abfindung zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 53.840,00 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen für die Auszahlung der Abfindung lägen nicht vor, da bisher eine Beschlußfassung über ein Ausscheiden der Klägerin aus der Gesellschaft nicht erfolgt sei. Im übrigen könne nicht der Nominalwert des Geschäftsanteils gefordert werden.

Das Landgericht Neuruppin hat der Klage im vollem Umfang stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des am 4.3.1998 verkündeten Urteils wir Bezug genommen (Bl. 127– 129 d. A.).

Gegen das der Beklagte am 8.4.1998 zugestellte Urteil hat sie am 10.5.1998 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8.7.1998 an diesem Tage begründet hat.

Zur Begründung der Berufung bezieht sich die Beklagte im wesentlichen auf ihre bereits erstinstanzlich vertretene Rechtsauffassung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des am 4.3.1998 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30.10.1998 zu den Akten gereicht, der am 2.11.1998 bei Gericht eingegangen ist.

Von der Darstellung des Tatbestandes im übrigen wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 53.840,00 DM aus § 11 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten vom 14.3.1992 (GV) in Verbindung mit § 162 Abs. 1 BGB bzw. § 162 Abs. 1 BGB analog. Gemäß § 11 Abs. 1 GV erhält ein Gesellschafter in jedem Falle des Ausscheidens eine Abfindung in Höhe des Nominalwertes seines Geschäftsanteils.

1. Allerdings ist die Voraussetzung für einen Abfindungsanspruch der Klägerin im vorliegenden Falle, nämlich ihr Ausscheiden als Gesellschafterin der Beklagten, an sich nicht gegeben. § 10 Abs. 2 GV („In jedem Falle scheiden die Erben eines Gesellschafters aus der Gesellschaft aus.”) kann nicht dahingehend verstanden werden, daß diese Rechtsfolge mit dem Tod eines Gesellschafters automatisch eintreten soll. Es erschein...

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