Leitsatz (amtlich)
1. Für die Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenze für die erste Regulierungsperiode ist das Ergebnis der letzten Genehmigung der Netzentgelte maßgeblich, die auf der Datengrundlage des Geschäftsjahres 2006 basiert. Eine Anpassung der Kostenbasis kann nur hinsichtlich der Kosten des vorgelagerten Netzes und, soweit es sich nicht um ein doppelt vereinfachtes Verfahren handelt, auch hinsichtlich der Verzinsung des Eigenkapitals (EK I) erfolgen. Eine Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Ermittlung des Zinssatzes für das die zugelassene Eigenkapitalquote von 40 % übersteigende Eigenkapital (EK II) kommt dagegen nicht in Betracht.
2. Ein pauschalierter Investitionszuschlag kann im vereinfachten Verfahren nicht gewährt werden. Dies benachteiligt die Netzbetreiber, die am vereinfachten Verfahren teilnehmen, ggü. den am Regelverfahren teilnehmenden Netzbetreibern nicht unangemessen.
3. Für einen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor enthält das Energiewirtschaftsgesetz keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage. Die Ermächtigung zur Berücksichtigung der auf die Gesamtwirtschaft bezogenen Inflationsrate bei der Festsetzung der Erlösobergrenzen rechtfertigt nicht die Einführung eines sektorbezogenen Produktivitätsfaktors, der den Inflationsausgleich teilweise aufhebt. Da der generelle sektorale Produktivitätsfaktor keine auf den individuellen Netzbetreiber zugeschnittene Effizienzvorgabe darstellt, kann seine Einführung auch nicht auf die Verordnungsermächtigung für Effizienzvorgaben gestützt werden.
Normenkette
GG Art. 3, 80; EnWG §§ 21a, 4 Abs. 1, 3-4, §§ 6, 8-9, 11 Abs. 2 Nr. 4, § 24; ARegV § 25 ARegV; GasNEV § 7 Abs. 6
Verfahrensgang
Landesregulierungsbehörde Brandenburg bei dem Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten (Beschluss vom 09.12.2008; Aktenzeichen 34 SWFi-3/08 AG) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Bescheid der Landesregulierungsbehörde Brandenburg bei dem Ministerium für Wirtschaft vom 9.12.2008 - 34 SWFi-1/2008 AG - aufgehoben und die Landesregulierungsbehörde Brandenburg verpflichtet, die Erlösobergrenze der 1. Regulierungsperiode von 2009 bis 2012 für die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bestimmen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführerin zu ½ und die Landesregulierungsbehörde Brandenburg und die Bundesnetzagentur jeweils zu ¼. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Gasverteilernetz. Die Beschwerdegegnerin ist die für das Land Brandenburg zuständige Landesregulierungsbehörde (LRB). Weiter am Beschwerdeverfahren beteiligt ist die Bundesnetzagentur.
Die Beschwerdeführerin, die zu den 22 kleinen Netzbetreibern im Bereich Gas gehört, beantragte am 11.12.2007 - wie die 21 weiteren kleinen Netzbetreiber auch - die Teilnahme am vereinfachten Verfahren der Anreizregulierung gem. § 24 ARegV. Diesem Antrag gab die LRB mit bestandskräftigem Bescheid vom 19.12.2007 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 15.2.2008 die Einbeziehung eines pauschalierten Investitionszuschlages.
Die LRB erteilte der Beschwerdeführerin am 10.7.2008 eine bestandskräftig gewordene Netzentgeltgenehmigung, mit der sie die Netznutzungsentgelte Gas gem. § 23a EnWG auf Basis des Geschäftsjahres 2006 genehmigte.
Am 6.10.2008 legte die LRB Eigenkapitalzinssätze für Neu- und Altanlagen bei der Bestimmung der Erlösobergrenzen der ersten Regulierungsperiode fest und veröffentlichte sie. Danach gilt für ab dem 1.1.2006 aktivierte Neuanlagen ein Zinssatz von 9,29 % und für Altanlagen ein Zinssatz i.H.v. 7,56 %.
Die LRB hat für die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 11.12.2009 die Erlösobergrenzen für die erste Regulierungsperiode, die Jahre 2009 bis 2012 wie folgt festgelegt:
Kalenderjahr 2009: 3.411.354 EUR
Kalenderjahr 2010: 3.406.855 EUR
Kalenderjahr 2011: 3.402.523 EUR
Kalenderjahr 2012: 3.398.353 EUR
Mit dem Bescheid hat die LRB den Antrag auf Einbeziehung eines pauschalierten Investitionszuschlages abgelehnt. Der Bescheid enthält des Weiteren einen Auflagenvorbehalt zur Mehrerlösabschöpfung.
Gegen diesen Bescheid, ihr zugestellt am 15.12.2008, hat die Beschwerdeführerin durch bei Gericht am 14.1.2009 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und ihr Rechtsmittel durch am 16.4.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Beschwerdebegründungsfrist auf jeweils fristgerecht gestellte Anträge jedenfalls bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Die Beschwerdeführerin beanstandet folgendes:
1.) Die LRB habe für die Verzinsung des Eigenkapitals, soweit es die zugelassene Eigenkapitalquote von 40 % nicht übersteige (EK I), Eigenkapitalzinssätze gemäß den Festlegungen der LRB vom 6.10.2008 zugrunde gelegt. Den in der ersten Netzentgeltgenehmigung angesetzten Zinssatz von für das die zugelassene Eigenkapitalquote überst...