Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.11.2022; Aktenzeichen XI ZR 31/22)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 6. Januar 2021, Az. 8 O 135/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

Der Kläger begehrt festzustellen, dass er aus dem am 12./18. März 2013 mit der Beklagten geschlossenen Vertrag über ein grundschuldgesichertes Verbraucherdarlehen infolge seines am 23. Januar 2020 erklärten Widerrufs, hilfsweise aufgrund der ebenda erklärten Kündigung, keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr schuldet.

Der Kläger machte geltend, er habe den Darlehensvertrag, der im Fernabsatz zustande gekommen sei, mit Schreiben vom 23. Januar 2020 wirksam widerrufen können. Die Widerrufsfrist habe wegen der in mehrfacher Hinsicht fehlerhaften Widerrufsinformation und des zu niedrig angegebenen effektiven Jahreszinses nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise stützte der Kläger sein Klagebegehren auf die im selben Schreiben erklärte Kündigung, die er mangels Angaben in den Vertragsunterlagen zum jederzeitigen Kündigungsrecht gemäß § 494 Abs. 6 BGB für wirksam erachtete.

Die Beklagte hielt den Widerruf für unwirksam, da die von ihr erteilte Widerrufsinformation sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch der Musterbelehrung entspreche und die erforderlichen Pflichtangaben korrekt erteilt worden seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit der folgenden Ergänzung auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO):

Der Darlehensvertrag wurde über einen Vermittler, Herrn K..., der den Kläger auch über Art, Umfang, Konditionen und unter Erörterung verschiedener Finanzierungsbeispiele beraten hat, an die Beklagte herangetragen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Widerruf sei verfristet. Die Widerrufsfrist habe mit Vertragsschluss im Jahre 2013 zu laufen begonnen. Dabei könne dahinstehen, ob der Vertrag im Fernabsatz geschlossen worden sei - wobei der Kläger auf die Ausführungen der Beklagten zur Tätigkeit des Vermittlers K... nicht erwidert habe -, denn ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht habe gemäß § 312d Abs. 5 Satz 1 BGB (i.d. bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung) nicht bestanden. Auf Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2002/65/EG (Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL) und die dort für den Beginn der Widerrufsfrist getroffenen Regelungen komme es mithin - auch zur Auslegung in Bezug auf den Kaskadenverweis - nicht an. Der Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben sei nach dem bei einem Immobiliardarlehen - wie hier - allein anzuwendenden Maßstab des nationalen Rechts (Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB) klar und verständlich; die Entscheidung des EuGH vom 26. März 2020 sei, wie der Bundesgerichtshof jüngst entschieden habe, auf Immobiliardarlehen nicht anwendbar. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion, die allerdings entgegen der Auffassung der Kläger wegen Einfügung des Gestaltungshinweises 7 nicht entfallen sei, komme es nicht mehr an. Die Behauptung eines vermeintlich zu niedrig angegebenen effektiven Jahreszinses sei mangels konkreter Darlegungen "ins Blaue hinein" erfolgt. Eine Relevanz des Abschlusses der Sicherungszweck-Vertrages und der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung für den Beginn der Widerrufsfrist sei nicht ersichtlich.

Der Kläger könne sein Klagebegehren auch nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 494 Abs. 6 BGB a.F stützen. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt die vermissten Angaben fehlten, gehöre bei Immobiliardarlehensverträgen die Angabe des einzuhaltenden Verfahrens bei der Kündigung des Vertrages nicht zu den Pflichtangaben nach Art. 247 § 9 EGBGB. Die gegenteilige Auffassung widerspreche nicht nur der Systematik der Norm als Rechtsfolgenregelung, sondern auch dem der Gesetzesbegründung zu entnehmenden gesetzgeberischen Willen.

Gegen dieses, ihm am 13. Januar 2021 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt. Er hält unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Erwägungen daran fest, dass in der Widerrufsinformation fehlerhaft zum Beginn der Widerrufsfrist informiert werde und der Musterschutz nicht greife. Es sei ihm mit dem Vortrag zum Fernabsatzgeschäft - vom Landgericht verkannt - nicht darum gegangen, ein Widerrufsrecht gemäß § 312d BGB darzulegen, sondern, dass die Widerrufsinformation den vom EuGH in Bez...

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