Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 22.03.2001; Aktenzeichen 2 O 385/97) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. März 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 2 0 385/97 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsausspruch klarstellend wie folgt gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche aus dem Schadensfall vom 14. März 1995 resultierenden künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 19.500,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten wegen der Behandlung einer Hodentorsion auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
Am 13. März 1995 erlitt der damals 13 Jahre alte Kläger gegen 19.00 Uhr bei einem Fußballspiel einen Tritt in den Unterleib. Er verspürte hierauf zunächst Schmerzen, die aber nach kurzer Zeit wieder abklangen. In der folgenden Nacht traten gegen 0.45 Uhr erhebliche Schmerzen im Bereich des rechten Hodens und der Leistengegend auf, die derart zunahmen, daß der Notarzt herbeigerufen wurde. Der Notarzt H untersuchte den Kläger und wies ihn mit der Verdachtsdiagnose "Hodentorsion" in das Krankenhaus der Beklagten zu 1) ein. Gegen 2.15 Uhr wurde der Kläger in den Klinikbereich L, in dem unter anderem die Unfallchirurgie untergebracht ist, eingeliefert. Dort wurde er von der diensthabenden Ärztin der unfallchirurgischen Abteilung S und dem diensthabenden Chirurgen Sch untersucht. Da beide Ärzte den Verdacht auf Hodentorsion angesichts der geschilderten und festgestellten Symptome nicht ausschließen konnten, veranlaßten sie die Vorbereitung eines operativen Eingriffs und verständigten den Beklagten zu 2), der zur damaligen Zeit als diensthabender Facharzt und Leiter der Abteilung für Unfallchirurgie (Rufnotdienst) eingesetzt war. Der Beklagte zu 2) traf gegen 3.00 Uhr bei dem Kläger ein. Nach Information über die bestehenden Verdachtsdiagnosen nahm er eine Untersuchung des Klägers vor, wobei er eine erkennbare Volumenvergrößerung des rechten Skrotalfaches und Druckschmerzen im Verlauf des Samenstrangs zum äußeren Leistenring, jedoch keine akute Schmerzsymptomatik beim Anheben des Hodens feststellte. Der Beklagte zu 2) gelangte nach Einsichtnahme in die vorliegenden Meß- und Laborwerte zu der Annahme, daß keine Hodentorsion vorliege, der Hoden nicht akut bedroht sei und ein operativer Eingriff daher zunächst unterbleiben könne. Er ordnete für den folgenden Morgen gegen 7.00 Uhr eine routinemäßige ärztliche Kontrolle an und verließ die Klinik gegen 3.40 Uhr. Von der Hinzuziehung eines Facharztes für Urologie sah er ab. Am Morgen wurde der Kläger gegen 7.45 Uhr von dem Chefarzt der Klinik für Chirurgie I K untersucht, der eine Schwellung und Druckempfindlichkeit des rechten Hodens feststellte, eine Hodentorsion nicht ausschließen konnte und den Urologen H als Konsiliarius hinzuzog. Hierzu mußte der Kläger vom Klinikbereich L zum Klinikbereich K transportiert werden, wo die urologische Klinik des Krankenhauses der Beklagten zu 1) untergebracht ist. Die Untersuchung durch den Urologen H erfolgte gegen 10.45 Uhr. Dieser äußerte ebenfalls den Verdacht auf Hodentorsion und empfahl eine sofortige operative Freilegung des Hodens. Da im Klinikbereich K wegen des dortigen Operationsprogramms für den Kläger keine sofortige Operationsmöglichkeit bestand, wurde er wieder in den Klinikbereich L verbracht, wo gegen 12.15 Uhr mit der Operation begonnen wurde. Hierbei stellte sich eine intravaginale Hodentorsion rechts mit makroskopisch kompletter hämorrbagischer Infarzierung heraus, welche auch nach Retorquierung und Hyperthermie nicht rückläufig war. Der rechte Hoden konnte nicht mehr gerettet und mußte entfernt werden. Am 22. März 1995 wurde der Kläger nach einem komplikationslosen postoperativen Verlauf mit reizlosen Wundverhältnissen aus der stationären Behandlung entlassen. Nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern zahlte die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an den Kläger einen Schmerzensgeldbetrag von 10000,00 DM.
Mit seiner am 22. Juli 1997 eingereichten, der Beklagten zu 1) am 25. August 1997 und dem Beklagten zu 2) am 27. September 1997 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von zumindest 20.000,00 DM sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrt.
Der Kläger hat behauptet, dem Notarzt H sei von dem vorangegangenen Tritt in den Unterleib berichtet worden. Diese Information habe H an die Ärztin S und diese wiederum an den Beklagten zu 2...