Normenkette
BGB § 346 Abs. 1
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. März 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Zahlung von 7.501,15 EUR das im Grundbuch von E... Blatt 9125 lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses gebuchte Grundstück bestehend aus den Flurstücken 927, 928, 929 und 930 (der Flur 20 der Gemarkung F...) an die Klägerin herauszugeben, aufzulassen und deren Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.
Der Beklagte befindet sich mit Annahme des Kaufpreises seit dem 1. Oktober 2015 in Verzug.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 93.196,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist als Tochtergesellschaft der Bundesanstalt ... mit der Privatisierung der ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen in den neuen Bundesländern beauftragt. Der Klägerin obliegt als Privatisierungsstelle insbesondere die Veräußerung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen nach Maßgabe des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV). Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag aus März 2001 veräußerte die Klägerin an den Beklagten zu den Bedingungen dieser Vorschriften ein Grundstück in F... mit einer Größe von gut 5,6 ha zu einem Kaufpreis von umgerechnet rund 7.500,00 EUR, das der dort durchgehend ortsansässige Beklagte bereits aufgrund eines Pachtvertrages seit dem Jahre 1992 für seinen Baumschulbetrieb nutzte. Zum 1. März 2011 verpachtete der Beklagte das Grundstück an einen Dritten "zur Anzucht von Baumschulgehölzen". 2014 erfuhr die Klägerin von der Verpachtung. Im Anschluss tauschten sich die Parteien über einen möglichen Verstoß gegen die Selbstbewirtschaftungsverpflichtung gemäß § 12 Nr. 2 Buchst. b des Vertrages i. V. m. § 2 Abs. 1 FlErwV und dessen Rechtsfolgen aus. Mit Schreiben vom 5. März 2014 bat der Beklagte um Aufrechterhaltung des Kaufvertrages und "Freikauf" unter verhältnismäßiger Anrechnung der Eigenbewirtschaftungsjahre auf den Verkehrswert. Mit Antwortschreiben vom 21. Mai 2014 teilte die Klägerin mit, zwar vom Rücktritt vom Kaufvertrag abzusehen, aber auf einer Zahlung in Höhe des aktuellen Grundstückswerts abzgl. des Kaufpreises zu bestehen (knapp 86.000 EUR). Eine Zahlungsaufforderung der Klägerin aus April 2015 wies der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben mangels Anspruchsgrundlage zurück, woraufhin jene mit Schreiben vom 8. September 2015 vom Kaufvertrag zurücktrat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug, wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat die auf Rückgewähr des Grundstücks gerichtete Klage abgewiesen. Es hat gemeint, dass die Klägerin mit dem Schreiben vom 21. Mai 2014 auf ein Rücktrittsrecht verzichtet habe. Im Übrigen hat die Kammer die Auffassung vertreten, dass der stets ortsansässige Beklagte zum Verpachtungszeitpunkt deswegen nicht mehr zur Selbstbewirtschaftung verpflichtet gewesen sei, weil gemäß § 12 Abs. 2a FlErwV in der im Verpachtungszeitpunkt geltenden Fassung auf die fünfzehnjährige Frist bereits die Pachtbesitzzeit seit 1992 anzurechnen sei.
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 13. März 2017 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 7. April 2017 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 13. Juni 2017 am 24. Mai 2017 begründeten Berufung, mit der sie ihre Klagebegehr weiter verfolgt.
Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung des Landgerichts, wonach sie mit dem Schreiben vom 21. Mai 2014 auf ihr Rücktrittsrecht verzichtet habe. Entgegen der Ansicht der Kammer sei der Wortlaut des Schreibens jedenfalls nicht in dem Sinne eindeutig, dass er eine Verzichtserklärung nahelege. In Anbetracht der Begleitumstände und insbesondere der Interessenlage der Parteien hätte der Beklagte dem Schreiben einen solchen Inhalt auch nicht entnehmen dürfen. Des Weiteren tritt die Klägerin der Auslegung von § 12 Abs. 2a FlErwV in der im Verpachtungszeitpunkt geltenden Fassung durch das Landgericht entgegen, wonach die Pachtbesitzzeit des Beklagten insgesamt auf die Bindungsfrist anrechenbar sei. Vielmehr sei die Vorschrift insbesondere im Hinblick auf die Gesetzesgenese dahingehend einschränkend auszulegen, dass sich die Anrechnungsregelung nur auf das Erfordernis der Ortsansässigkeit beziehe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
in Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen (6 LGU) zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefoc...