Entscheidungsstichwort (Thema)
Notarhaftung
Leitsatz (redaktionell)
Subsidiorität der Notarhaftung bei schuldhaft versäumter Geltendmachung anderer Schadensersatzansprüche.
Normenkette
BNotO § 19; BGB §§ 281, 816
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 18 O 508/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) – 18 O 508/99 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Das klagende Land nimmt die beklagte Notarin auf Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung in Anspruch. Am 30. November 1995 beurkundete die Beklagte einen Grundstücksübertragungsvertrag … in dem sich der Veräußerer Norbert Tietz (nachfolgend: der Veräußerer) verpflichtete, das im Grundbuch von W. Blatt … Flur …, Flurstück … mit einer Größe von 34.288 qm unentgeltlich zu übertragen. In § 1 dieses Vertrages ist festgehalten, daß in Abteilung II des Grundbuches eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruches des Klägers am 2. August 1995 eingetragen worden ist. Bei der Beurkundung des Vertrages lag das Schreiben des Grundstücks- und Vermögensamtes Frankfurt (Oder) vom 2. Juli 1995 vor, aus dem sich ergibt, daß die Vormerkung auf ein Widerspruchsverfahren nach Art. 233 § 13 Abs. 1, 2 EGBGB zurückgeht.
Die Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgte aufgrund des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 18. Oktober 1993 (Bl. 20 ff.), mit dem der Veräußerer u. a. dieses Grundstück an die Eheleute G., die ebenfalls am 2. August 1995 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurden, veräußert hatte. Der Kaufpreisanteil für das streitgegenständliche Grundstück betrug 3.500,00 DM. Die Beklagte beantragte erst am 27. November 1996 die Umschreibung des Eigentums auf den Kläger; zwischenzeitlich war bereits am 16. Januar 1996 die zu seinen Gunsten eingetragene Vormerkung gelöscht worden. Am 12. Juni 1997 lehnte das Grundbuchamt die Eintragung des Klägers als Eigentümer ab.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten hätte insbesondere auf Grund der Vorlage des Schreibens des Grundstücks- und Vermögensamtes Frankfurt (Oder) vom 2. Juli 1995 bekannt sein müssen, daß nach Art. 233 § 13 Abs. 5 a.F. EGBGB die am 2. August 1995 eingetragene Vormerkung nach Ablauf von vier Monaten erlischt. Vor diesem Hintergrund habe sie es versäumt, vor Ablauf dieser Frist rechtzeitig den Antrag auf Eintragung in das Grundbuch beim Grundbuchamt einzureichen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.500,00 DM nebst 4% ab dem 29. Oktober 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, bei Beurkundung des Übertragungsvertrages habe sie keine Kenntnis von dem Grundstückskaufvertrag zwischen dem Veräußerer und den Eheleuten G. gehabt. Sie habe bei der Beurkundung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie das Grundbuch nicht eingesehen habe.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hatte es ausgeführt, nach § 6 des notariellen Übertragungsvertrages sei die Beklagte auch mit dem Vollzug dieses Vertrages betraut gewesen. Der Beklagten hätte aufgrund des vorgelegten Schreibens des Grundstücks- und Vermögensamtes bekannt sein müssen, daß es sich bei der zu Gunsten des Klägers eingetragenen Vormerkung um eine solche nach Art. 233 § 13 Abs. 1 und 2 a.F. EGBGB handelte. Sie hätte bei dieser Sachlage rechtzeitig vor Ablauf der Frist des Art. 233 § 13 Abs. 5 a.F. EGBGB den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt stellten müssen. Auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit brauche sich der Kläger nicht verweisen zu lassen, da auch die Ansprüche gegen den Veräußerer nach Art. 233 § 14 a.F. EGBGB mit dem Ablauf von sechs Monaten seit Eintragung der Vormerkung verjährt.
Gegen das ihr am 12. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 13. Oktober 2000, einem Montag, bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 13. November 2000 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe eine anderweitige Ersatzmöglichkeit versäumt, weil er sich spätestens am 3. Dezember 1995 davon habe Kenntnis habe verschaffen können, daß der Eintragungsantrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Im übrigen habe das klagende Land seinen Schadensersatzanspruch verwirkt, weil – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – zwischen dem Kläger und dem Veräußerer eine Zahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Dies habe der Kläger mit Schreiben vom 1. April 1998 gegenüber der Beklagten bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 20. September 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Aktenzeichen 18 O 508/99, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beant...