Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 11.01.2006; Aktenzeichen 8 O 260/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 11.1.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der M... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) die Auskehrung verrechneter Gutschriften auf einem Girokonto der Schuldnerin geltend.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.443,45 EUR nebst 4 % Zinsen ab 24.3.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 11.1.2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stünden keine Ansprüche gegen die Beklagte aus §§ 675, 667 BGB in Verbindung mit §§ 96 Abs. 1 Nr. 3, 129 Abs. 1, 131 Abs. 1 Nr. 2, 3 InsO zu, da die vorgenommenen Verrechnungen im Kontokorrentverhältnis nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hätten. Das folge daraus, dass den Verrechnungen eine anfechtungsfreie Globalzession zugunsten der Beklagten vorausgegangen sei.
Die Abtretungsvereinbarung vom 27.11.2002 sei nicht nach § 133 InsO anfechtbar, da ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und eine Kenntnis der Beklagten davon nicht festgestellt werden könnten. Die Abtretung führe zwar zu einer inkongruenten Deckung, die ein starkes Beweisanzeichen dafür darstelle. Wegen des zeitlichen Abstands zum Insolvenzantrag, der zwischenzeitlichen Erhöhung des Kreditrahmens der Schuldnerin und des Fehlens anderweitiger Anzeichen für eine Krise der Schuldnerin im November 2002 könne gleichwohl ein Benachteiligungsvorsatz nicht angenommen werden. Zudem habe der Kläger nicht widerlegt, dass die Schuldnerin sich zur Nachbesicherung des Kontokorrentkredits verpflichtet gefühlt habe.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 12.1.2006 zugestellt worden ist, hat der Kläger am Montag, dem 13.2.2006, Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 13.4.2006 an diesem Tag begründet hat.
Der Kläger beantragt,
in Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 11.1.2006 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.443,45 EUR nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 24.3.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 3, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Auskehrung der streitgegenständlichen Gutschriften weder aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO noch aus den - daneben als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommenden (vgl. BGH NJW 1999, 3264, 3265) - §§ 675, 667 BGB in Verbindung mit § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu, da die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen nicht der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO unterliegen. Dem Landgericht ist nämlich darin zu folgen, dass die Verrechnungen nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt haben.
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO, die für sämtliche Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO gegeben sein muss (BGH NJW 2003, 3347, 3348; 2002, 2568; 1999, 2969, 2970; HeidelbKomm./Kreft, InsO, 4. Aufl., § 129, Rn. 36), liegt vor, wenn durch die anfechtbare Handlung die Insolvenzmasse verkürzt worden ist und sich ohne die Handlung die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten; insoweit versteht die Insolvenzordnung den Begriff nicht anders als das bis zu ihrem Inkrafttreten geltende Recht (BGH NJW 2003, 3347, 3348; 2002, 2568; HeidelbKomm./Kreft, a.a.O.). Demzufolge fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung, wenn ein Gläubiger eine Zahlung auf eine rechtswirksam und unanfechtbar an ihn abgetretene Forderung des Schuldners vereinnahmt und auf eigene Ansprüche gegen den Schuldner anrechnet (BGH WM 1997, 1773, 1774; NJW 1983, 2147, 2149; MünchKomm./Kirchhof, InsO, § 129, Rn. 142, 148, 156).
Letzteres ist hier der Fall. Denn die Schuldnerin hat unstreitig unter dem 27.11.2002 alle ihr gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen an die Beklagte abgetreten (Bl. 72 f. d.A.). Das Vorbringen der Parteien bietet keinen Anlass zu Zweifeln an der Rechtswirksamkeit der Globalzession. Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass eine Anfechtbarkeit der Abtretungsvereinbarung nach §§ 129 ff. InsO nicht erkannt werden kann.
Einer Anfechtbarkeit nach §§ 130, 131 InsO steht entgegen, dass die Vereinbarung bereits am 27.11.2002 und damit nicht in der kritischen Zeit der letzten drei Monate vor dem am 8.10.2004 beim Insolvenzgericht eingegangenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 5.10.2004 (Bl. 57 d.A.) geschlossen worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass für die Abtretung künftig entstehender Ansprüche der Schuldnerin gemäß § 140 Abs. 1 InsO der jeweilige Zeitpunkt ihrer Entstehung maßgebend ist (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1130, 1131; NJW 2003, 2171; D...