Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 23.04.2014; Aktenzeichen 2 O 43/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin sowie ihres Streithelfers wird das am 23.4.2014 verkündete Urteil des LG Potsdam, Az.: 2 O 43/12 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin - teilweise abgeändert und die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %, jedoch trägt die Beklagte die durch die Nebenintervention in beiden Rechtszügen verursachten Kosten insgesamt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Ein jeder Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Gemeinde restliche Zahlung für Beratungsdienste im Jahr 2010 und 2011 im Zusammenhang mit deren Projekt "Rathausneubau" nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung aller an die Klägerin geleisteten Honorare.
Bereits mit Vertrag vom 23.7.2009 hatte die Beklagte die Klägerin mit Beratungsdiensten bezüglich des genannten Vorhabens, Projektteil 1 und - teilweise - 2, zu einem Pauschalpreis von 190.000 EUR beauftragt; dieser Vertrag ist nicht Streitgegenstand. Die Klägerin erbrachte insoweit Beratungsleistungen insbesondere auch durch den Streithelfer, der - nach ihren Angaben als ihr Subdienstleister - in regelmäßigem Kontakt zu Vertretern der Beklagten stand. Die nachfolgenden Projektteile vergleichbaren Inhalts beabsichtigte die Beklagte zunächst ebenfalls freihändig an die Klägerin zu vergeben. Nachdem sie rechtlichen Rat eingeholt hatte, plante sie deren Vergabe in einem förmlichen Vergabeverfahren; der Auftragswert überstieg 400.000 EUR. Während der Vorbereitung und Durchführung dieses Verfahrens stand der Streithelfer in seiner Eigenschaft für die Klägerin weiterhin mit verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten, teils auch mit einzelnen Gemeindevertretern, in Kontakt.
Der Streithelfer oder dessen Mitarbeiterin über seine Emailadresse schrieb mit Email vom 23.12.2009 an das Mitglied der Auswahlkommission der Beklagten im Vergabeverfahren (zugleich Leiter des Bauamtes der Beklagten) Herrn S. unter dessen privater Emailadresse nebst einer zweiseitigen Anlage: "wie zwischen uns vorbesprochen habe ich einen Entwurf für eine EU-weite Auftragsbekanntmachung (...) erarbeitet", "von einem Rechner in Ihrem Fachbereich online geschrieben und natürlich noch nicht versendet."; "Die sonstigen Anlagen werden bis Montag, den 28.12.2009 im Laufe des Tages nachgereicht!" (Bd. 1, Blatt 102ff d.A.). Herr S. antwortet dem Streithelfer am Folgetag mit Dank und der Ankündigung, sich in der nächsten Woche bei ihm zu melden; er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, "die vertrauensvolle Zusammenarbeit" auch in 2010 fortsetzen zu können (Bd. 1, Blatt 105 d.A.).
Die europaweite förmliche Ausschreibung der Vergabe in der ersten Stufe erfolgte ab Anfang 2010 als nicht-offenes beschleunigtes Verhandlungsverfahren. Inhalt der Ausschreibung war u.a., dass die ... Ingenieurkammer (...IK) als Schlichtungsstelle im Verfahren fungieren sollte; dort war der Streithelfer Vorsitzender des Wettbewerbs- und Vergabeausschusses und als solcher für die Behandlung von Eingaben zum Vergabeverfahren zuständig. Am 29.1.2010 übermittelte der von der Beklagten mit der Durchführung der Ausschreibung federführend beauftragte persönliche Referent des Bürgermeisters, der Zeuge Ma ..., dem Streithelfer - vor Übermittlung an die Mitglieder der für die Begleitung des Vorhabens gebildeten "AG Rathaus" - einen überarbeiteten Entwurf der Ausschreibungsunterlage mit Änderungen in den Wichtungskriterien für die Auswahlentscheidung (Bd. 1, Blatt 107 d.A.).
Die Klägerin beteiligte sich an dem förmlichen Verfahren in der ersten Stufe mit einer Bewerbung. Anfang Februar 2010 forderte der Zeuge Ma ... für die Beklagte bei der Klägerin zu deren Bewerbung die Nachreichung von Unterlagen betreffend deren Referenzen nach der VOF. Der Zeuge Ma ... kündigte dem Streithelfer per Email vom 9.2.2010 die Entscheidung über die einzuladenden Bewerber für den 16.2.2010 an (vgl. Bd. 4, Blatt 639 d.A.). Mit Email vom 9.2.2010 (Bd. 1, Blatt 109 d.A.) leitete die mit der Ergänzungsanforderung konfrontierte Klägerin das Anschreiben an den Streithelfer weiter, hinzufügend: "das hatte ich eigentlich nicht mehr erwartet, sollten wir uns zu verständigen.". Mit Emails vom 9.2.2010 übermittelte der Streithelfer an den Leiter des Bauamtes und an den Zeugen Ma ..., sowie per Blindkopie ("BCC") an die Klägerin einen Teil der VOF-Erklärungen der Klägerin sowie den Entwurf einer Kriterienliste für das Vorauswahlverfahren, Vorbereitung der Stufe 2 (Findung von 1 bis max. 3 Teilnehm...