Leitsatz (amtlich)
1. Nehmen die vertragschließenden Parteien irrtümlich die Umsatzsteuerpflicht des Geschäfts an, so ist der Vertrag dahingehend auszulegen, dass nur der Nettopreis geschuldet ist.
2. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer infolge einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet gewesen ist und die Steuer tatsächlich abgeführt hat.
Verfahrensgang
LG Cottbus (Entscheidung vom 12.06.2009; Aktenzeichen 6 O 225/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 12. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin und der K... D... (im Folgenden: Schuldner), der die Firma Baudienstleistung GbR betrieb, schlossen am 26.6.2002 einen Subunternehmervertrag über die Erbringung von Leistungen beim Bau eines Hotels in U... in der Mongolei. Als Vergütung wurde ein Pauschalbetrag in Höhe von 120.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 19.200 €, mithin insgesamt 139.200 €, vereinbart. Der Schuldner erbrachte die geschuldeten Bauleistungen und erteilte der Klägerin die Schlussrechnung, die jene 2003 beglich. Den Umsatzsteueranteil in Höhe von 19.200 € führte er an das Finanzamt ab.
Am 18.5.2006 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt. Bei einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt am 7.7.2006 wurde festgestellt, dass die Leistungen des Schuldners nicht der Umsatzsteuer unterlagen. Unter dem 30.11.2006 erteilte der Beklagte der Klägerin um die jeweiligen Umsatzsteuerbeträge korrigierte Rechnungen. Im Februar 2009 erhielt er eine Steuererstattung.
Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte 22.803,97 € erhalten habe. Sie hat gemeint, dass er die Auskehrung dieses Betrages an sie aus § 812 BGB in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO schulde.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 22.803,97 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 16.6.2007 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 911,80 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 27.10.2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, dass er lediglich 21.980,68 € vereinnahmt habe. Er hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 12.6.2009 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht bestünden. Denn nur nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Ansprüche könnten Masseschulden im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO sein. Der Anspruch der Klägerin auf die Rückzahlung des Umsatzsteuerbetrags sei jedoch schon 2003 entstanden. Da das Geschäft zwischen ihr und dem Schuldner nicht steuerbar gewesen sei, sei ihre Zahlung auf die Umsatzsteuer ohne Rechtgrund erfolgt. Die gegenteilige Annahme und der Inhalt der vertraglichen Abrede zwischen ihr und dem Schuldner stünden dem nicht entgegen, da der Anfall der Umsatzsteuer sich aus dem Gesetz und nicht aus dem Vertrag ergebe. Die Klägerin und der Schuldner hätten auch nicht etwa einen Pauschallohn ohne eine Bezifferung der Umsatzsteuer vereinbart, sondern im Vertrag sowohl die Netto- als auch die Bruttovergütung ausgewiesen. Der so entstandene Bereicherungsanspruch der Klägerin sei 2003 fällig gewesen. Er sei nicht erst mit der Erstattung der Umsatzsteuer an den Beklagten entstanden; diese sei auch nicht ohne einen rechtlichen Grund, sondern in Erfüllung eines Erstattungsanspruchs des Beklagten erfolgt. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führe nicht zu anderen rechtlichen Wertungen.
Das Urteil ist der Klägerin am 6.7.2009 zugestellt worden. Die Klägerin hat am 6.8.2009 die Berufung eingelegt und diese am 4.9.2009 begründet.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des am 12.6.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Cottbus zu verurteilen, an sie 22.803,97 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins ab 16.6.2007 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 911,80 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 27.10.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 2.3.2010 ergänzend vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass eine nach § 53 InsO vor...