Verfahrensgang
LG Potsdam (Aktenzeichen 11 O 34/22) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.03.2023 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az. 11 O 34/22, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff. ZPO eingelegte Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG nicht zu.
1. Zwar wurde das Fahrzeug der Klägerin bei dem Betrieb des von dem Beklagten zu 2 geführten und bei der Beklagten zu 1. haftpflichtversicherten Lkws beschädigt. Ein Fall höherer Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG liegt nicht vor. Auch hat keine der Parteien den Nachweis geführt, dass der Unfall für sie ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war. Somit hängt die Haftung der Unfallbeteiligten nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung hat jeder Halter einen dem anderen als Verschulden anzurechnenden Umstand oder andere dessen Betriebsgefahr erhöhende Tatsachen zu beweisen, wobei nur unstreitige, zugestandene oder erwiesene Tatsachen zu berücksichtigen sind (vgl. BGH NZV 1996, 231).
a) Einen Verstoß des Beklagten zu 2. gegen seine Pflicht zum Spurhalten aus § 1 Abs. 2 StVO hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senates beweisen können.
Ist, wie im Streitfall, an der streitgegenständlichen Kreuzung R.../J... in P... durch Richtungspfeile nach § 41 Abs. 3 Nr. 5 S. 2 StVO ein paralleles Abbiegen durch Richtungspfeile geboten, ist das Fahren in mehreren Reihen nebeneinander, ohne zu überholen oder sich vor dem weiter rechts Fahrenden einordnen zu müssen, erlaubt. Insoweit besteht die Pflicht zum Spurhalten. Bei paarweisem Rechtsabbiegen muss der Linksfahrende den Bogen so weit nehmen, dass er die in der rechten Spur fahrenden Fahrzeuge nicht in Bedrängnis bringt, und umgekehrt. Ein Wechsel von einer Fahrspur in die andere während des Abbiegevorgangs stellt danach keinen Spurwechsel im Sinne des § 7 Abs. 5 StVO dar. Jedoch ist über § 1 Abs. 2 StVO die für den Spurwechsel geltende Sorgfalt in einem solchen Fall, der eine besondere Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer darstellt, zu beachten. Außerdem ist der rechts eingeordnete Fahrzeugführer durch das Rechtsfahrgebot in § 2 Abs. 2 S. 1 StVO gehalten, beim Abbiegen die ihm mögliche rechte Position einzunehmen. Andererseits muss der auf der linken Fahrspur fahrende Fahrzeugführer besondere Sorgfalt walten lassen und den rechts neben ihm befindlichen Verkehr beobachten, damit ein paralleles Abbiegemanöver zügig und gefahrlos durchgeführt werden kann (vgl. BGH NZV 2007, 185, juris Rn. 6 ff.).
Die Klägerin hat sich zum Beweis des von ihr behaupteten Unfallhergangs auf ihre Vernehmung als Partei, hilfsweise auf ihre Anhörung gemäß § 141 ZPO berufen. Da die Voraussetzungen der §§ 447, 448 ZPO nicht vorlagen, ist die Klägerin sowohl vom Landgericht als auch vom Senat gemäß § 141 ZPO persönlich angehört worden. Im Rahmen der Anhörung hat die Klägerin den Unfallhergang, sowie von ihr in der Klageschrift geschildert, im Wesentlichen bestätigt. Sie sei beim Rechtsabbiegen in der linken Spur gefahren und dabei von dem Lkw des Beklagten zu 2 von hinten touchiert worden. Sie habe entgegen den Angaben in der polizeilichen Unfallaufnahme nicht die Absicht gehabt, die Fahrspur zu wechseln, um geradeaus weiterzufahren, sondern nach links in die P...allee abbiegen wollen. Erst nach dem Zusammenstoß sei sie vor dem Lkw rechts rangefahren und habe angehalten. Andererseits hat auch der Beklagte zu 2. im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO auf entsprechende Nachfrage angegeben, in der rechten der beiden Rechtsabbiegerspuren geblieben und nicht auf die linke Spur herübergefahren zu sein. Er selbst habe den Kontakt mit dem Fahrzeug der Klägerin nicht bemerkt, sondern sei erst durch seinen Beifahrer, den Zeugen K..., darauf aufmerksam gemacht worden. Sowohl die Angaben der Klägerin als auch des Beklagten zu 2 waren glaubhaft und der von ihnen geschilderte Unfallverlauf denkbar. Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Klägerin oder des Beklagten zu 2 zu zweifeln, besteht nicht. Anhaltspunkte, die dafür sprächen, dass die Angaben der Klägerin überzeugender oder plausibler sind als die Angaben des Beklagten zu 2 und ihnen daher ein höheres Gewicht zukommen könnte, liegen nicht vor.
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis auch nicht durch die vom Senat eingeholte gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S... führen können. Der Sachverständige sollte gemäß dem Beweisbeschluss des Senats zunächst aufgrund der Tatsache,...