Verfahrensgang
LG Cottbus (Entscheidung vom 19.01.2007; Aktenzeichen 1 O 83/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 19. Januar 2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Hausratversicherung wegen des Verlustes von Schmuckstücken in Anspruch.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.320,00 EUR nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz ab 28.05.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen P... und die Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Po... vom 27.04.2006.
Durch Urteil vom 19.01.2007 hat das Landgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 12.500,00 EUR nebst Zinsen an den Kläger verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger dieser Betrag aus dem Versicherungsverhältnis zustehe. Nach der Aussage des Zeugen P... stehe fest, dass die Schmuckstücke dem Kläger am 09.12.2004 in der Gaststätte "M..." in B... geraubt worden seien. Der Wert der Schmuckstücke betrage nach dem Gutachten des Sachverständigen Po... rund 16.000,00 EUR. Ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB sei nicht gegeben, da er sich in einem allgemein zugänglichen Bereich der Gaststätte aufgehalten habe und es dort zuvor nicht zu solchen Vorkommnissen gekommen sei. Die Eintrittspflicht der Beklagten sei für Wertsachen allerdings auf den Betrag von 12.500,00 EUR begrenzt.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 23.02.2007 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 12.03.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 23.05.2007 an diesem Tag begründet.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 19.01.2007 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Im Hinblick auf das Schadensereignis vom 09.02.2004 besteht kein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Dabei kann dahinstehen, ob das Schadensereignis sich wie vom Kläger behauptet und vom Landgericht festgestellt ereignet hat und in welcher Höhe gegebenenfalls dem Kläger ein Schaden daraus erwachsen ist. Denn die Beklagte ist nach § 61 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei, da der Kläger den Schadensfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat.
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt, indem er einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und nicht beachtet, was im gegebenen Fall einem jeden einleuchten muss (BGH NJW 2005, 981, 982; 1992, 3236; NJW-RR 1994, 1469, 1471; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 276 Rn. 14, und § 277, Rn. 5; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 61, Rn. 2). Das ist für den Kläger hier zu bejahen.
Der Kläger hat sich mit auffällig sichtbaren und erkennbar wertvollen Schmuckstücken in eine - wie er selbst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - nur mäßig beleuchtete Räumlichkeit begeben. In der Gaststätte, die - wie er in der ersten Instanz ausdrücklich vorgetragen hat (Bl. 58 d. A.) - annähernd leer gewesen ist, hat er am Tresen sitzend mit einer ihm unbekannten Person männlichen Geschlechts ein Gespräch begonnen und sich mit dieser Person sodann in einen Nebenraum des Lokals begeben. Auch das ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Klägers, der in der ersten Instanz ausdrücklich vorgetragen hat, dass die Gaststätte annähernd leer (Bl. 58 d. A.) und sein Gesprächspartner ihm unbekannt gewesen ist (Bl. 2, 3 d. A.); dass er mit jenem sodann das Nebenzimmer aufgesucht hat, ist der Aussage des Zeugen P... (Bl. 102 ff. d. A.) zu entnehmen, die der Kläger sich zu Eigen gemacht hat (Bl. 337 d. A.).
Dieses Verhalten ist als grob fahrlässig zu bewerten. Dem Kläger konnte und musste angesichts der dargestellten Umstände und Gegebenheiten unmittelbar einleuchten, dass er sich durch sein Verhalten einem besonderen Risiko des Bestohlen- oder Beraubtwerdens ausgesetzt hat. Das gilt umso mehr, als es sich nach der Aussage des Zeugen P... bei dem Nebenraum um ein "Separée" gehandelt hat. In dem von der Beklagten vorgelegten und seinem Inhalte nach unstreitigen Ausdruck der Homepage der Gaststätte "M..." (Bl. 110 b d. A.) ist der Raum als "darkroom" beschrieben. Es erschließt sich schon aus diesen Bezeichnungen und erst recht aus der von der Beklagten vorgelegten enzyklopädischen Definition des Begriffs "darkroom" (Bl. 110 c d. A.), dass es sich dabei um einen abgeteilten und abgedunkelten Raum handelt. Letzterem entspricht auch das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe ...