Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 3 O 61/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.07.2020 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az. 3 O 61/19, teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.418,35 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den beklagten Landkreis im Wege der Amtshaftung auf Ersatz von Verdienstausfall wegen unterbliebener Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für ihren Sohn nebst Zinsen in Anspruch.

Die Klägerin meldete unter dem 20.10.2017 für ihren am 14.02.2017 geborenen Sohn bei der Stadt (X) (im Folgenden auch: Stadt) einen Betreuungsbedarf ab dem 01.02.2018 an. Sie beabsichtigte, ab dem 01.04.2018 ihre Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen. Die Stadt hat sich - wie erstinstanzlich nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen und im Berufungsverfahren unstreitig geblieben ist - durch öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 12 Abs. 1 KitaG Bbg verpflichtet, auf ihrem Gebiet die betreffenden Aufgaben für den Beklagten durchzuführen. Mit einem an die Klägerin und deren Lebensgefährten gerichteten Schreiben vom 08.11.2017 bestätigte die Stadt den Eingang des Antrages. Zugleich wies sie darauf hin, dass "zu[r] Zeit, trotz Rechtsanspruch, keine freien Plätze zur Verfügung stehen". In einem weiteren Schreiben der Stadt an die Klägerin und deren Lebensgefährten vom 08.11.2017 heißt es unter anderem: "In der Anlage erhalten Sie den Bescheid über die Feststellung des Rechtsanspruchs ihres Kindes. Aufgrund der angespannten Situation im Hinblick auf freie Betreuungsplätze innerhalb des Stadtgebiets von (X) ist anzuraten, die Möglichkeit zu nutzen, sich unabhängig Ihres Aufnahmeantrags für die o.g. Kita bei Einrichtungen in freier Trägerschaft sowie Tagespflegestellen innerhalb und Betreuungseinrichtungen außerhalb der Stadt (X) um einen Platz zu bemühen." Mit Schreiben vom 30.11.2017 teilte die Stadt der Klägerin mit, dass die Aufnahme ihres Sohnes aufgrund der hohen Auslastung aller Einrichtungen in städtischer und freier Trägerschaft zum gewünschten Aufnahmezeitpunkt höchstwahrscheinlich nicht möglich sein werde.

Wäre der Klägerin ab dem 01.02.2018 ein Betreuungsplatz für ihren Sohn zur Verfügung gestellt worden, hätte sie ab dem 01.04.2018 eine Erwerbstätigkeit bei ihrem vormaligen Arbeitgeber im Umfang von 20 Wochenstunden wieder aufnehmen können.

Anfang März 2018 teilte die Klägerin der Stadt mit, für ihren Sohn ab September 2018 einen Platz bei einer Tagesmutter gefunden zu haben. Ob sie dabei zum Ausdruck gebracht hat, dass damit ihr Bedürfnis nach Betreuung für ihren Sohn befriedigt ist, oder sie an dem Begehren nach Zuteilung eines Betreuungsplatzes für die Zeit bis zum 01.09. festgehalten hat, erinnert die Klägerin nicht.

Mit Anwaltsschreiben vom 28.06.2018 forderte die Klägerin den Beklagten über die Stadt unter Fristsetzung bis zum 08.07.2018 auf, für den Sohn der Klägerin einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung der Stadt zuzuteilen und eine Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz dem Grunde nach unstreitig zu stellen. Am 29.06.2018 bot die Stadt der Klägerin einen Betreuungsplatz für deren Sohn in einer Kindertagesstätte in (X) ab dem 16.08.2018 an. Die Klägerin nahm das Angebot nicht an.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie bei antragsgemäßer Zuweisung eines Betreuungsplatzes für ihren Sohn in der Zeit vom 01.04.2018 bis zum 15.08.2018 aus ihrer Arbeitstätigkeit ein Nettoentgelt in Höhe von 7.107,35 EUR erzielt hätte. Abzüglich ersparter Eigenanteile in Höhe von insgesamt 189,00 EUR hat sie ihren Verdienstausfallschaden auf 6.918,35 EUR beziffert.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass dem Schadensersatzbegehren die fehlende Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz entgegenstehe. Zudem habe die Klägerin, indem sie ihren Betreuungsbedarf dem Beklagten nicht unmittelbar mitgeteilt hat, diesem die Möglichkeit genommen, überörtlich, gegebenenfalls in Nachbarkommunen, freie Plätze zu vermitteln oder anderweitige kurzfristige Übergangslösungen bereitzustellen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte behauptet, dass die Klägerin in dem Anfang März 2018 mit der Stadt geführten Gespräch, in welchem sie eine Betreuungsmöglichkeit bei einer Tagesmutter ab September 2018 mitgeteilt hat, nicht ausreichend deutlich gemacht habe, für die Zwischenzeit weiteren Betreuungsbedarf zu haben.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 6.418,35 EUR nebst Zinsen verurteilt. Es hat dafür gehalten, dass der Klägerin aus § 1 StHG ein Schadensersatzanspruch gegen den Bekl...

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