Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 831; GesO § 12 Abs. 1 S. 1; VVG § 157
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 12 O 447/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Frankfurt (Oder) vom 30.4.2002 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der S. GmbH mit der V. Versicherung AG zur dortigen Schadensnummer … abzutreten, soweit sie aus der von der S. GmbH verursachten Beschädigung des 20 kV-Kabelsystems im Bereich der Bundesautobahn BAB 10, Abschnitt km … am 13.5.1997 entstanden sind.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) wegen einer Beschädigung von Stromkabeln am 13.5.1997 in Anspruch.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der S. GmbH mit der V. Versicherung zur dortigen Schadensnummer … abzutreten, die aus der von der S. GmbH zu vertretenden Beschädigung des 20 kV-Kabelsystems im Bereich der Autobahn A 10 Abschnitt … am 13.5.1997 entstanden sind, hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Forderung i.H.v. 34.529,63 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.6.1997 in die Insolvenztabelle einzutragen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat durch Urteil vom 30.4.2002 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche der Klägerin aus §§ 823 Abs. 1, 831 Abs. 1 BGB bestünden nicht, da die Schuldnerin kein Verschulden an der Beschädigung der Kabelanlage treffe. Die Schuldnerin habe ihre Sorgfaltspflichten dadurch erfüllt, dass sie sich von ihrer Auftraggeberin, der V. GmbH, Bestandspläne habe vorlegen lassen und eine Suchschachtung durchgeführt habe; weitergehende Erkundigungspflichten hätten nicht bestanden. Nach Durchführung der Suchschachtung habe sie mit einer Kabelabweichung von bis zu 3 m zu rechnen gehabt, nicht aber mit einer Abweichung um rund 45 m, wie sie tatsächlich vorgelegen habe.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 22.5.2002 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 20.6.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.8.2002 an diesem Tage begründet.
Die Klägerin beantragt, in Abänderung des Urteils des LG Frankfurt (Oder) vom 20.4.2002 den Beklagten zu verurteilen, an sie die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der S. GmbH mit der V. Versicherung AG zur dortigen Schadensnummer … abzutreten, die aus der von der S.GmbH zu vertretenden Beschädigung des 20 kV-Kabelsystems im Bereich der Bundesautobahn BAB 10, Abschnitt km … am 13.5.1997 entstanden sind, hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Forderung i.H.v. 17.654,72 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 19.6.1994 in die Insolvenztabelle aufzunehmen, weiter hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.654,72 Euro nebst 4 % Zinsen seit 19.6.1994 zu zahlen, und zwar beschränkt auf die Leistung aus einem Anspruch aus dem Versicherungsvertrag der S. GmbH mit der V. Versicherung AG in 19553 B. zur dortigen Schadensnummer … .
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist im Hinblick auf den im Berufungsverfahren verfolgten Hauptantrag zulässig und begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Eine nach § 533 ZPO zu behandelnde Klageänderung im Berufungsverfahren liegt nicht vor. Denn die Klägerin hat bereits erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung am 8.1.2002 erklärt, der Antrag aus dem Schriftsatz vom 30.10.2001 (Bl. 50 d.A.), der die Abtretung der Ansprüche der Schuldnerin gegen die Versicherung zum Gegenstand gehabt hat, werde als Hauptantrag gestellt; die abweichende Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils stellt eine unzutreffende Wiedergabe des Sach- und Streitstands dar.
b) Dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin steht die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht entgegen.
aa) Insoweit kann die Klägerin nicht auf die Möglichkeit der Anmeldung ihrer Forderung im Gesamtvollstreckungsverfahren verwiesen werden. Denn wenn, wie hier, der Verwalter auch die sachliche Berechtigung der geltend gemachten Forderung bestreitet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er der Forderung bei einer Anmeldung im Gesamtvollstreckungsverfahren nicht ebenso widersprochen hätte, so dass jedenfalls in solchen Fällen ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an einer Rechtsverfolgung außerhalb des Insolvenzverfahrens zu bejahen ist (vgl. BGH v. 28.3.1996 – IX ZR 77/95, MDR 1996, 1288 = GmbHR 1996, 462 = NJW 1996, 2035 [2036]).
bb) Der Klägerin kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sie infolge der Insolvenz der Schuldnerin aus einem Titel keine Befriedigung erlangen könnte. Besteht ...