Entscheidungsstichwort (Thema)
Arglistanfechtung: Aufklärungspflicht bei Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen
Normenkette
BGB § 123 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 19.12.2008) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.12.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Potsdam abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars ... mit Amtssitz in P., UR-Nr. 3476/2006, wird in Bezug auf Teil B, Ziff. 3., a) und b) für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.12.2006 (UR-Nr. 3476/2006 des Notars ... in P. - Bl. 7 - 13 d.A.) übertrug der Beklagte seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.200 EUR an der P. GmbH auf seinen Mitgesellschafter P. K. und auf den Kläger. Der Kläger erwarb einen Teilgeschäftsanteil von nominal 1.500 EUR zum Kaufpreis von 7.992 EUR, der Mitgesellschafter P. K. einen Teilgeschäftsanteil von nominal 10.700 EUR zum Kaufpreis von 57.008 EUR.
Die Erwerber, also der Kläger und P. K. übernahmen in Teil B Ziff. 3. des Vertrages die Verpflichtung, den Beklagten von einer Inanspruchnahme als Bürge wegen eines der Gesellschaft gewährten Kredits der ... Sparkasse über 3.600.000 EUR freizustellen, wobei die Vertragsschließenden das Ausfallrisiko auf nicht mehr als 50.000 EUR einschätzten. Die Erwerber unterwarfen sich in der Urkunde vom 18.12.2006 der sofortigen Zwangsvollstreckung in Höhe eines Betrages von 50.000 EUR in ihr gesamtes Vermögen für den Fall, dass der Beklagte als Bürge in Anspruch genommen werde.
Die ... Sparkasse kündigte mit Schreiben vom 11.2.2008 (Bl. 15, 16 d.A.) die Geschäftsbeziehung ggü. der P. GmbH und stellte das Restdarlehen fällig. Die Rückzahlung des Darlehens sollte vereinbarungsgemäß erst zum 30.5.2008 erfolgen (Bl. 17 d.A.). Mit Schreiben vom 14.3.2008 (Bl. 17, 18 d.A.) forderte der Beklagte den Kläger auf, seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 18.12.2006 im Hinblick auf die Inanspruchnahme durch die Sparkasse nachzukommen, und kündigte insoweit gerichtliche Schritte an. Am 30.4.2008 wurde dem Kläger ein von dem Beklagten erwirktes vorläufiges Zahlungsverbot i.H.v. 50.000 EUR zugestellt (Bl. 19 - 25 d.A.).
Mit Schreiben vom 6.5.2008 (Bl. 26, 27 d.A.) erklärte der Kläger ggü. dem Beklagten die Anfechtung hinsichtlich des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 18.12.2006 wegen arglistiger Täuschung.
Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars ... mit Amtssitz in P. UR-Nr. 3476/2006, in Bezug auf Teil B, Ziff. 3., a) und b) für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zu Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nicht zu; andere Gründe für ein Wegfallen der eingegangenen Freistellungsverpflichtung seien nicht gegeben.
Der Kläger hat gegen das ihm am 23.12.2008 zugestellte Urteil am 16.1.2009 Berufung eingelegt und diese am 19.2.2009 begründet.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 25.11.2009 (Bl. 269 - 271 d.A.) und vom 10.12.2009 (Bl. 283 - 284 d.A.) durch Vernehmung von Zeugen; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.4.2010 (Bl. 302 - 307 d.A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Zwangsvollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), die sich gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 18.12.2006 (Bl. 7 - 14 d.A.) wendet, ist als solche zulässig. Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist begründet, weil dem Kläger eine rechtsvernichtende Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht, wie sich aus nachfolgenden Ausführungen ergibt.
2. Der Kläger kann allerdings mit nachstehenden Einwendungen nicht durchdringen.
a) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte schon nicht sachbefugt sei.
Zwar könnte die Sachbefugnis des Beklagten in Wegfall geraten sein, wenn er seine Ansprüche an die ... Sparkasse abgetreten hätte, wie der Kläger auf S. 7 der Berufungsbegründung (Bl. 215 d.A.) unter Hinweis auf seinen - allerdings im ersten Rechtszug nicht zu den Akten gelangten - Schriftsatz vom 12.12.2008 (Bl. 228 d.A.) vorträgt. Auf dieses Vorbringen kann jedoch nicht weiter abgestellt werden. Der Beklagte hat nämlich auf Seiten 2, 3 seines Schriftsatzes vom 13.10.2009 (Bl. 237, 238 d.A.) vorget...