Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 167 ZPO, die eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift bei Gericht ermöglicht, ist, soweit es um die Wahrung der Monatsfrist des § 654 Abs. 2 Satz 1 ZPO geht, anwendbar. Ist aber wegen Ablaufs der Monatsfrist eine Abänderung nur für die Zeit nach Erhebung der Klage möglich, scheidet eine Anwendung des § 167 ZPO aus.

 

Normenkette

ZPO §§ 167, 654

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Urteil vom 06.06.2006; Aktenzeichen 2 F 526/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 6.6.2006 verkündete Urteil des AG Strausberg abgeändert.

Der Kläger wird unter Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses des AG Strausberg vom 19.4.2005 (2 FH 3/05) verurteilt, an die Beklagte zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin monatlichen Unterhalt wie folgt zu zahlen, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum 5. eines jeden Monats,

  • je 110 EUR für die Zeit vom 24.11.2005 bis zum 30.11.2006,
  • je 55 EUR für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 30.6.2007,
  • je 29,2 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe gem. § 2 Regelbetrag-VO für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 30.4.2013,
  • je 29,2 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gem. § 2 Regelbetrag-VO ab 1.5.2013.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 60 % und der Beklagten 40 % auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 65 %, die Beklagte zu 35 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Wegfall titulierten Kindesunterhalts.

Die am 10.5.2001 geborene Beklagte ist das aus einer früheren Ehe stammende Kind des am 9.6.1977 geborenen Klägers. Der Kläger ist wieder verheiratet und seit dem 22.12.2006 Vater eines weiteren Kindes.

Durch Beschluss des AG vom 19.4.2005 wurde der Kläger verpflichtet, der Beklagten monatlichen Unterhalt von 100 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe ab Februar 2005 zu zahlen. Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst völligen Wegfall dieser Unterhaltsverpflichtung begehrt.

Durch das angefochtene Urteil vom 6.6.2006 hat das AG die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf dieses Urteil Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor:

Er sei, ebenso wie seine jetzige Ehefrau, Kosovo-Albaner und der deutschen Sprache nur eingeschränkt mächtig. Er verfüge über keinen beruflichen Abschluss und könne sich nur auf Hilfsarbeiten bewerben. Schon mit Rücksicht auf seine Sprachschwierigkeiten bewerbe er sich überwiegend persönlich und zwar auf Stellen, in denen körperliche Arbeit zu leisten sei. Auf eine Nebenbeschäftigung könne er nicht verwiesen werden.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beschluss des AG vom 19.4.2005 (2 FH 3/05) dahin abzuändern, dass er für die Beklagte monatlichen Unterhalt nur noch wie folgt zu zahlen hat,

  • je 110 EUR für die Zeit vom 19.9.2005 bis zum 30.11.2006,
  • je 55 EUR für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 30.6.2007,
  • je 29,2 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe gem. § 2 Regelbetrag-VO für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 30.4.2013,
  • je 29,2 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gem. § 2 Regelbetrag-VO ab 1.5.2013.

Die Beklagte erkennt den Klageanspruch, soweit die Zeit ab 24.11.2005 betroffen ist, an und beantragt im Übrigen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, welche Erwerbsbemühungen er entfaltet habe. Er sei verpflichtet, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Eine Nebenbeschäftigung sei dem Kläger ebenfalls zuzumuten.

Wegen des Weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Soweit die Beklagte den Klageanspruch anerkannt hat, ist der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG vom 19.4.2005 (2 FH 3/05) im Wege des Teilanerkenntnisurteils gem. § 654 ZPO abzuändern. Eine darüber hinausgehende Abänderung, nämlich auch für die Zeit vom 19.9.2005 bis 23.11.2005, wie sie der Kläger begehrt, kommt nicht in Betracht. Eine Abänderung ist im vorliegenden Fall erst ab Rechtshängigkeit, die am 24.11.2005 eingetreten ist, möglich.

1. Gemäß § 654 Abs. 2 Satz 1 ZPO darf die Abänderung, wenn die Klage auf Herabsetzung des Unterhalts nicht innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Unterhaltsfestsetzung erhoben worden ist, nur für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen. Der Beschluss vom 19.4.2005 ist dem Kläger am 22.4.2005 zugestellt worden. Von diesem Zeitpunkt an lief die zweiwöchige Beschwerdefrist, §§ 652, 569 ZPO. Mit Schreiben vom 28.4.2005 hat der Kläger dem AG erklärt, dass er finanziell nicht in der Lage sei, Unterhalt für seine Tochter zu zahlen. Er ist vom AG dann um Mitteilung gebeten worden, ob sein Schreiben als sofortige Beschwerde aufgefasst werden soll. Mit Schriftsatz vom 30.7.2005 hat der Beklagte mitgeteilt, gegen den Festsetzungsbeschluss Klage e...

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