Entscheidungsstichwort (Thema)
Verantwortlichkeit einer 14 Jahre alten Jugendlichen für einen Brandschaden
Leitsatz (redaktionell)
Von einer normal entwickelten 14 Jahre alten Jugendlichen ist zu erwarten, dass sie voraussieht, dass es bei dem Hantieren mit einem Feuerzeug in unmittelbarer Nähe von Stroh- und Heuballen leicht zu einem nicht mehr beherrschbaren Brandausbruch kommen kann.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 27.05.2009; Aktenzeichen 11 O 127/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Mai 2009 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 127/08, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die zulässige, insbesondere form- und fristgemäß gemäß den §§ 517 ff ZPO eingelegte Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe aus § 823 Abs. 1 BGB bejaht. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, denen der Senat beitritt, Bezug genommen. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht.
1. Die Beklagte hat den objektiven Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB verwirklicht, indem sie durch das Hantieren mit dem Feuerzeug das Stroh entzündet hat, wodurch es zu einem Übergreifen des Feuers auf den gesamten Inhalt der Scheune gekommen ist, und dadurch das Eigentum der Klägerin verletzt hat. Die Eigentumsverletzung geschah auch rechtswidrig. Das Bestehen einer die Rechtswidrigkeit ausschließenden Notstandslage hat die Beklagte nicht substanziiert darzulegen vermocht. Dies gilt sowohl für ein Notstandsrecht aus § 228 S. 1 BGB als auch aus § 904 S. 1 BGB, welches im Streitfall eher in Betracht kommt, da nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht sämtliche in der Scheune lagernden Heuballen im Eigentum der Klägerin standen und nicht feststeht, dass derjenige Strohballen, dessen Kunststoffbänder die Beklagte mit dem Feuerzeug durchbrennen wollte, zu den Strohballen gehört, die im Eigentum der Klägerin standen. Es steht bereits nicht fest, dass für den verunglückten M... W... tatsächlich Lebensgefahr bestand, etwa durch Ersticken oder durch einen Asthmaanfall. Nach dem in den Ermittlungsakten enthaltenen Sektionsgutachten hatte M... W... durch den Sturz in den Spalt lediglich Hautabschürfungen und eine Weichteilunterblutung in der Kreuzbeinregion davongetragen. Lebensgefahr bestand nach alledem nicht, zumal sich die Kinder mit dem Verunglückten noch durch Rufe verständigen konnten. Auch der Hinweis darauf, dass der Verunglückte an Asthma litt, ist zu allgemein gehalten, um eine konkrete Lebensgefahr plausibel erscheinen zu lassen, so dass mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen das von der Beklagten erstinstanzlich angebotene Sachverständigengutachten (Bl. 29 GA) nicht einzuholen war. Auch mit der Berufungsbegründung hat die Beklagte zu diesem Punkt nicht konkreter vorgetragen, da nicht weiter ausgeführt wird, woraus sich die behauptete akute Gefahr der Erstickung für den verunglückten M... W... ergeben haben soll. Unabhängig davon, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr für M... W... bestand, war die von der Beklagten vorgenommene Einwirkungshandlung jedenfalls nicht zur Gefahrenabwehr notwendig. Die Notwendigkeit ist objektiv zu bestimmen, kann die Gefahr anders abgewendet werden, besteht ein Rechtfertigungsgrund nicht (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 904 Rn. 3; MüKo/Säcker, BGB. 5. Aufl., § 904 Rn. 9). Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall nicht von einer akuten Erstickungsgefahr auszugehen ist, bestand für die Beklagte objektiv die anderweitige Möglichkeit, Hilfe zu holen.
2. Durch die Eigentumsverletzung ist der Klägerin auch ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden. Die geltend gemachte und in erster Instanz nur pauschal bestrittene Schadenshöhe ist von der Beklagten nach Vorliegen des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens nicht mehr konkret angegriffen worden.
3. Die Beklagte verfügte auch über die nach § 828 Abs. 3 BGB erforderliche Einsicht zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit. Nach der Rechtsprechung besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht i.S.v. § 828 Abs. 3 BGB, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein; auf die individuelle Fähigkeit, sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es insoweit nicht an (vgl. BGH NJW 2005, 354, 355; BGH NJW 1984, 1958; Haag in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 16 Rn. 9). Das Vorliegen der erforderlichen Einsichtsfähigkeit wird vom Gesetz widerlegbar vermutet, es ist daher Sache des Täters, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, insbesondere nachzuwe...