Tenor

1. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. September 2019 zum Aktenzeichen 19 O 249/18 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.918,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs VW CC mit der FIN ....

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von vier Prozent aus 23.900 EUR vom 10. November 2012 bis zum 9. Dezember 2018 zu zahlen.

c) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 562,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2018 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers zurückgewiesen sowie seine weitergehende Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz hat der Kläger zu 24 % und die Beklagte zu 76 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 18 % und die Beklagte zu 82 % zu tragen.

3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 19.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die beklagte Herstellerin des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Dieselmotors der Baureihe EA189 auf Schadensersatz in Form des an die - an diesem Rechtsstreit nicht beteiligte - Verkäuferin gezahlten Kaufpreises und weiterer Schäden in Anspruch.

Der Kläger erwarb das Fahrzeug, einen Pkw der Marke VW Passat CC 2.0, aufgrund einer verbindlichen Bestellung vom 9. November 2012 als Gebrauchtfahrzeug mit einem Kilometerstand von 84.911 km zu einem Preis von 23.900 EUR bei der Autohaus ... GmbH in E... . Der von der Beklagten hergestellte Motor des Fahrzeugs verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchführt, und sodann einen besonderen Modus aktiviert (sogenannte Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch die nach der Euro-5-Norm vorgegebenen Stickoxid-Werte während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten werden. Im normalen Fahrbetrieb wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch den Einsatz dieser Motorsteuerungssoftware wurde die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erlangt.

Der Dieselmotor wurde serienmäßig in diverse Fahrzeugmodelle der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 dazu, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor der Baureihe EA189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorsteuerungssoftware, wonach das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. November 2018 forderte der Kläger die Beklagte als Herstellerin des Motors zur Zahlung des Kaufpreises von 23.900 EUR nebst Deliktszinsen Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs sowie Nutzungsentschädigung berechnet auf Basis einer Gesamtlaufleistung von 500.000 km auf und teilte gleichzeitig mit, die aktuelle Laufleistung des PKW betrage 140.000 km.

Am 03. März 2020 wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 160.765 km auf.

Das Landgericht hat der Klage teilweise, nämlich in Höhe von 17.041,37 EUR nebst Verzugszinsen ab dem 10.12.2018 Zug um Zug gegen Übereignung des PKW sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 562,16 EUR nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen, d.h. insbesondere in Bezug auf den Antrag auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für weitere Schäden und Aufwendungen, auf Zahlung von Deliktszinsen gemäß § 849 BGB und in Bezug auf den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges abgewiesen. Es hat einen Anspruch des Klägers aus § 826 BGB dem Grunde nach bejaht. Auf den danach bestehenden Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises müsse sich der Kläger jedoch - unmittelbar anspruchsmindernd - eine Nutzungsentschädigung entsprechend der mit dem Fahrzeug gefahrenen km bezogen auf eine durch das Gericht zu schätzende Gesamtlaufleistung von 250.000 km anrechnen lassen. Dies gelte auch in Bezug auf den für den aus § 286 BGB folgenden Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Ansatz zu bringenden Gegenstandswert.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit i...

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