Verfahrensgang
AG Brandenburg (Teilurteil vom 02.12.1998; Aktenzeichen 16 F 137/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Dezember 1998 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Brandenburg (16 F 137/95) nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem Gericht des ersten Rechtszuges vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwerde wird für beide Parteien auf DM 18.167,15 festgesetzt.
Tatbestand
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache dahin Erfolg, dass das angefochtene Urteil sowie das zugrunde liegende Verfahren nach § 539 ZPO aufzuheben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen ist. Das Verfahren des Amtsgerichts leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel.
Das Teilurteil ist unzulässig.
Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruches zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht darüber durch Endurteil (Teilurteil) zu entscheiden, § 301 Abs. 1 ZPO. Das Teilurteil, dessen Erlaß in das Ermessen des Gerichts gestellt ist (§ 301 Abs. 2 ZPO), setzt einen einer selbständigen Entscheidung zugänglichen aussonderbaren Teil des Verfahrensgegenstandes, das heißt die Teilbarkeit des Streitgegenstandes, voraus. Ein Teilurteil darf nur dann erlassen werden, wenn es durch das über den Rest ergehende Schlußurteil unter keinen Umständen mehr berührt werden kann, wenn also die Teilentscheidung unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgeht, so daß die Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch aufgrund einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (BGH NJW 1997, 453, 454 f.; NJW-RR 1994, 379, 380; Saarländisches OLG OLGR 1998, 303, 305; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 659; Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Auflage 1999 § 301 Rn. 7; Thomas-Putzo, ZPO, 21. Auflage 1998 § 301 Rn. 3; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, 21. Auflage 1998 § 301 Rn. 6). Diese Gefahr besteht im Unterhaltsprozeß regelmäßig dann, wenn das Gericht nur über einen Teil des Unterhalts von einem bestimmten Zeitpunkt an, nicht aber über den restlichen Unterhalt für denselben Zeitraum entschieden hat, sogenanntes horizontales Teilurteil. Horizontale Teilentscheidungen in Unterhaltsprozessen sind deshalb grundsätzlich unzulässig (OLG Hamburg NJWE-FER 1999, 129 f.; OLG Koblenz FamRZ 1998, 755, 756; OLG Brandenburg FamRZ 1997, 504; OLG Hamm FamRZ 1993, 1215; Schleswig-Holsteinisches OLG FamRZ 1988, 1293, 1294; Zöller-Vollkommer a.a.O.). Ein Unterhaltsteilurteil wird regelmäßig nur für einen abgeschlossenen Zeitraum und nur für den Fall in Frage kommen, daß die für diesen Zeitraum erheblichen Umstände nicht von Feststellungen abweichen können, die erst im weiteren Verfahrensverlauf getroffen werden (OLG Nürnberg FamRZ 1994, 1594; Schleswig-Holsteinisches OLG a.a.O. S. 1294; Zöller-Vollkommer a.a.O.).
Das Amtsgericht hat unzulässigerweise nur über die Höhe des Unterhaltsanspruches der Klägerin für die Zeit ab Ende 1994 bis Mitte 1995, also den Zeitraum, für den der Sonderbedarf nach der Behauptung der Klägerin angefallen sein soll, abschließend entschieden. Zwar wird der Sonderbedarf, das heißt ein unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf (§ 1613 Abs. 2 Ziff. 1 BGB), nicht durch die laufende Unterhaltsrente gedeckt, vielmehr zusätzlich gezahlt (BGH NJW 1982, 328, 329; Schellhammer, Zivilrecht nach Anspruchsgrundlagen, Familienrecht, 1998 Rn. 1264). Gleichwohl ist der Sonderbedarf Teil des Unterhaltsanspruches des Bedürftigen. Der Sonderbedarf gehört zum gesamten Lebensbedarf, weshalb er nach § 1610 Abs. 2 BGB von dem zu gewährenden Unterhalt umfaßt wird (BGH NJW 1983, 224; Staudinger-Kappe/Engler, BGB, 13. Auflage 1997 § 1613 Rn. 71). Als Unterhaltsanspruch unterliegt auch der Anspruch auf Sonderbedarf den allgemeinen Regeln des Unterhaltsrechts. Voraussetzung dieses Anspruches ist daher, daß er der Lebensstellung des Bedürftigen entspricht (OLG Köln FamRZ 1986, 163, 164; Staudinger-Kappe/Engler a.a.O.), daß der Berechtigte insoweit bedürftig und der Pflichtige insoweit leistungsfähig ist (BGH NJW 1982, 328, 330; OLG München FamRZ 1996, 1411; KG FamRZ 1993, 561; Staudinger-Kappe/Engler a.a.O.; Palandt-Diederichsen BGB, 57. Auflage 1998 § 1613 Rn. 10).
Folgt hiernach der Anspruch auf Sonderbedarf den gleichen Grundsätzen, die das Amtsgericht für die Bemessung des ausgeurteilten laufenden Unterhalts zugrunde zu legen hatte, so besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, sei es durch das Schlußurteil, sei es durch die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts. Im Rahmen der weiteren Prüfung des noch unentschiedenen Anspruchs auf Sonderbedar...