Verfahrensgang
AG Prenzlau (Urteil vom 29.09.1999; Aktenzeichen 7 F 194/99) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die auf dem abgeleiteten Recht (§§ 1601 ff. BGB) des Kindes J. J. H. (geboren am 10. Oktober 1992) des Beklagten beruhende Klage ist unschlüssig, da ein Anspruchsübergang gem. § 7 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz (UnterhVG) als der einzigen für einen Forderungsübergang in Betracht kommenden Vorschrift für den geltend gemachten Zeitraum – 1. Januar 1998 bis 31. Oktober 1998 – nicht stattgefunden hat und daher das klagende Land nicht aktivlegitimiert ist.
Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach dem UnterhVG gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt, so geht dieser Anspruch in Höhe der Unterhaltsleistung gemeinsam mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf das Land über, § 7 Abs. 1 S. 1 UnterhVG. Für die Vergangenheit kann der vorgenannte Elternteil nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden, in dem die Voraussetzungen des § 1613 BGB vorgelegen haben oder der in § 7 Abs. 1 UnterhVG bezeichnete Elternteil von dem Antrag auf Unterhaltsleistung Kenntnis erhalten hat und er darüber belehrt worden ist, dass er für den geleisteten Unterhalt nach diesem Gesetz in Anspruch genommen werden kann, § 7 Abs. 2 UnterhVG.
Zwar steht dem Kind J. J. H. gegen den Beklagten ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601 ff. BGB in Höhe der Regelunterhaltsbeträge zu, obgleich der Beklagte zur Zahlung dieser Beträge unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts von 1.170 DM (Ziff. 10, 15 S. 1 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Brandenburgischen OLG) tatsächlich nicht leistungsfähig gem. § 1603 Abs. 1 BGB ist. Der Beklagte hat in der Zeit vom 01. Januar 1998 bis 31. Oktober 1998 lediglich Sozialhilfe von monatlich 883,01 DM sowie zusätzlich Wohngeld von 194,00 DM monatlich, insgesamt daher 1.077,01 DM monatlich bezogen. Gleichwohl kann er sich seinem minderjährigen Kind gegenüber auf diese Leistungsunfähigkeit nicht berufen und muß sich fiktiv als leistungsfähig behandeln lassen. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH FamRZ 1998, 357, 359). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB noch eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft. Ein gem. § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, d.h. unter Anspannung aller Kräfte und Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um die Erlangung eines hinreichend entlohnten Arbeitsplatzes zu bemühen. Diesen strengen Anforderungen genügt der Vortrag des Beklagten nicht, wofür sich der Senat die insoweit zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, die auch durch die mit der Berufung vorgebrachten Gründe nicht entkräftet werden, zu eigen macht. Legt der – für seine den Mindestunterhalt betreffende Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete (BGH FamRZ 1996, 345, 346) – Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solch hohes Einkommen verfügt, welches ihm die Zahlung des Mindestunterhaltes in Höhe der Regelbedarfssätze ermöglicht.
Der Übergang eines nach bürgerlichen Recht bestehenden Unterhaltsanspruchs eines Unterhaltsvorschussberechtigten auf den Träger der Hilfegewährung ist in Anwendung des Rechtsgedankens des § 91 Abs. 2 S. 1 BSHG aber ausgeschlossen, soweit der Anspruch darauf beruht, daß der Unterhaltspflichtige sich fiktive Einkünfte zurechnen lassen muß, die er durch zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte.
Sofern ein Träger der Sozialhilfe Sozialhilfeleistungen für einen Unterhaltsberechtigten erbringt, kann er einen eventuellen Unterhaltsanspruch des Empfängers gegen einen Dritten geltend machen, da diese Ansprüche gem. § 91 Abs. 1 und Abs. 2 BSHG kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergehen. Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG geht im Falle der Leistung von Sozialhilfe der Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers aber nur insoweit auf den Sozialhilfeträger über, als der Unterhaltspflichtige sein Vermögen und sein Einkommen nach den sozialhilferechtlichen ...