Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinsrecht: Anspruch des Rentenversicherers auf Schadensersatz wegen Nichtabführung einbehaltener Sozialversicherungsbeiträge gegen Vereinsvorstand; Hemmung der Verjährung: Hemmungswirkung der Zustellung eines Mahnbescheids bei unterbliebener Aufschlüsselung eines Gesamtbeitrages in Einzelbeträge

 

Normenkette

BGB §§ 195, 204 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 10.11.2008; Aktenzeichen 2 O 108/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10.11.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Cottbus, Az. 2 O 108/07, abgeändert.

Der Beklagte zu 2.) wird als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1.) verurteilt, an die Klägerin 24.967,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2007 zu zahlen.

Der Beklagte zu 1.) wird - in Höhe eines Betrages von 24.967,44 EUR als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 2.) - verurteilt, an die Klägerin 31.559,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien wie folgt: von den Gerichtskosten tragen die Klägerin 10 %, der Beklagte zu 1.) 50 % und der Beklagte zu 2.) 40 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen der Beklagte zu 1.) 50 % und der Beklagte zu 2.) 40 %. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.) zu 20 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin als Einzugsstelle für Sozialversicherungsbeiträge begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB. Die Beklagten waren Mitglieder des Vorstands des I. e.V. (im Folgenden: Gemeinschuldner), über dessen Vermögen mit Beschluss des AG Dresden vom 7.5.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, und bei dem die Arbeitnehmer, für die die Klägerin für die Zeit vom 1.7.2003 bis 31.12.2003 Arbeitnehmeranteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag beansprucht, beschäftigt waren. Wegen der Einzelheiten zum Sachverhalt wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Der Tatbestand ist jedoch dahin zu berichtigen, dass beide Beklagte die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin für den betreffenden Zeitraum nach anfänglichem Bestreiten unstreitig gestellt haben. Des Weiteren ergibt sich aus dem von der Klägerin überreichten Auszug aus dem Vereinsregister nicht, dass der Beklagte zu 2.) mit Wirkung vom 9.12.2003 aus dem Vorstand des Gemeinschuldners ausgeschieden ist. Vielmehr ist in diesem als Datum des Ausscheidens der 28.1.2004 benannt; jedoch folgt aus der Vereinsregisteranmeldung vom 10.12.2003, dass die Mitgliederversammlung des Gemeinschuldners vom 9.12.2003 den Beklagten zu 2.) als Vorstandsmitglied abberufen hatte. Hinsichtlich der von der Klägerin beanspruchten Arbeitnehmerentgelte wird auf die Aufstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 22.2.2008 (Bl. 150 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat zur Begründung der Verjährungshemmung die Ansicht vertreten, die streitgegenständliche Forderung sei im Mahnbescheid auch deshalb hinreichend bezeichnet worden, da diese zuvor unstreitig mit Schreiben vom 23.11.2006 ggü. den Beklagten geltend gemacht worden sei. In Reaktion hierauf habe der Beklagte zu 1.), vertreten durch Rechtsanwalt M. (dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2.)), mit Schreiben vom 1.12.2006 - insoweit ebenfalls unstreitig - um Mitteilung der einzelnen Beitragsmonate gebeten. Daraufhin habe die Klägerin dem Beklagten zu 1.) mit Schreiben vom 1.12.2006 unter Beifügung von Auszügen aus der Insolvenzakte des AG Dresden die Forderung näher aufgeschlüsselt. Der Beklagte zu 2.) habe mit Schreiben vom 6.12.2006 lediglich erklärt, für die Forderung nicht zu haften.

Die Beklagten haben gegen die Aufstellung der Klägerin zu den beanspruchten Arbeitnehmerentgelten eingewandt, die Beträge der Tabellen ergäben nicht den geltend gemachten Klagebetrag; die für die einzelnen Arbeitnehmer dargestellten Beschäftigungszeiträume stimmten teilweise nicht mit den Zeiträumen überein, für die Schadensersatz beansprucht werde. Zudem seien in einigen Monaten mehrfach Beträge aufgeführt, was sich bei der Aufstellung für einzelne Personen nicht erschließe.

Hinsichtlich der Frage der Individualisierung des Mahnbescheids haben die Beklagten die Auffassung vertreten, es sei auch zu berücksichtigen, dass der Gemeinschuldner unstreitig über sieben Betriebsteile bzw. Zweigstellen sowie einen Hauptsitz verfügt h...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?