Verfahrensgang
AG Gruben (Aktenzeichen 56 Ls 48/00) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Guben - Jugendschöffengericht - vom 28. Mai 2001, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden ist, aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Guben hat den Angeklagten am 28. Mai 2001 von dem Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Volksverhetzung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es ist dabei zum Kerngeschehen von folgenden Feststellungen ausgegangen:
Der Angeklagte beabsichtigte, am 31. Dezember 1999 an der am D G stattfindenden Feier zum Jahrtausendwechsel teilzunehmen. Er begab sich mit etwa 50 Besuchern einer privaten Silvesterfeier, die er zunächst bei dem Zeugen S H aufgesucht hatte, auf den Weg zu dieser Veranstaltung. Er kannte von dieser Gruppe namentlich 9 Personen, von denen er wußte, dass diese - wie er selbst -rechtsorientiert eingestellt waren. Auf dem Weg zur Jahrtausendfeier liefen die ca. 50 Personen "ungeordnet und lose, d.h. in mehreren kleinen Gruppen" von 3 bis 15 Personen in Richtung D. "Der Angeklagte wechselte auf dem gesamten Weg zum D zwischen diesen kleineren Gruppen, da er sich mit Personen aus diesen Gruppen abwechselnd unterhielt. (Er) stellte dabei fest, dass sich unter den Besuchern ... auch einige Personen befanden, die Bomberjacken, Springer Stiefel, hochgekrempelte Hosen und kurze Haare trugen .... Zu Beginn der P Straße übernahm der Angeklagte von einer namentlich nicht festgestellten Person eine Reichskriegsflagge des 1. Weltkrieges, die er selbst abwechselnd mit mehreren verschiedenen Personen für die Dauer von ca. 30 Minuten in der P Straße ... mit der rechten Hand getragen hat. In der P Straße wurden, als sich die Besucher der Silvesterfeier des S He dort neben anderen von der Silverterfeier am D kommenden bzw. zur Silvesterfeier laufenden Personen befanden, nachfolgende Parolen, zum Teil mehrfach, gerufen: "Sieg heil", "Ausländer raus", "Hoch die nationale Solidarität", "Deutschland den Deutschen". Der Angeklagte selbst nahm in der P Straße akustisch die Parolen "Hoch die nationale Solidarität" und "Ausländer raus" irgendwo hinter sich aus der Personenmenge wahr, als er sich selbst weit vorn unter den Gästen aufhielt." Die Zeugen H, A D und B D, die von ihren Wohnungen in der P Straße "auf die Situation in der P Straße aufmerksam wurden," informierten vorsorglich die Polizei.
Das Amtsgericht sieht in den getroffenen Feststellungen den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung nicht als erfüllt an. Das Rufen der Parolen durch die unbekannt gebliebenen Personen kann nach Ansicht des Jugendschöffengerichts dem Angeklagten mangels Vorsatzes nicht zugerechnet werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist der Revision beigetreten. Der Angeklagte hat durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 28. November 2001, der in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, den Freispruch verteidigt.
II.
Die Revision, die die Staatsanwaltschaft auf den Freispruch wegen Volksverhetzung beschränkt hat, ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 341, 344, 345 StPO.
Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben. Die Erwägungen, aufgrund derer das Amtsgericht den Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen hat, sind rechtsfehlerhaft. Das Gericht hätte bei zutreffender rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts den Angeklagten nicht mit der Begründung freisprechen dürfen, der objektive Tatbestand der Volksverhetzung sei nicht erfüllt. Das Gegenteil ist der Fall. Auch die Verneinung vorsätzlichen Handelns hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert. Beide Alternativen liegen, soweit es den objektiven Tatbestand betrifft, vor; der Angeklagte hat insoweit entgegen der Annahme des Amtsgerichts sogar beide Handlungsvarianten erfüllt.
Das Aufstacheln zum Hass ist eine verstärkte, auf die Gefühle des Aufgestachelten gemünzte, über die bloße Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer emotional gesteigerten feindseligen Haltung (BGHSt 21, 371,372; 40, 97,102; OLG Köln NJW 1981, 1280, 1281; OLG Frankfurt NJW 1995, 143, 144; KG JR 1998, 213, 215; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl., § 130, Rn 4 mwN). Diese feindselige Haltung sollte hier durch die ...