Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzverfahren: Klage auf Feststellung der Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gegen den Gemeinschuldner nach Bestreiten im Prüftermin
Leitsatz (amtlich)
1. Zulässigkeit der ergänzenden Feststellungsklage des Insolvenzgläubigers auf Grund Widerspruchs gegen die angemeldete titulierte Insolvenzforderung wegen deren Einordnung als eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung (vgl. BGH, 18.5.2006 - IX ZR 187/04, NJW 2006, 2922).(Rz. 17)
2. Ein Vergleich i.S.v. § 779 BGB und auch ein Prozessvergleich i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (hier: wegen einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung) wirkt regelmäßig nicht schuldumschaffend (vgl. BGH, 24.6.2003 - IX ZR 228/02, NJW 2003, 3345).(Rz. 33)
3. Die Rechtsprechung des BGH zur fehlenden Bindungswirkung eines rechtskräftigen, auf eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubten Handlung gestützten Vollstreckungsbescheids für den Feststellungsprozess kann nicht auf den Fall eines Prozessvergleichs im Anwaltsprozess übertragen werden (vgl. BGH, 18.5.2006 - IX ZR 187/04, NJW 2006, 2922). (Rz. 39)
Normenkette
InsO §§ 184, 178, 201 Abs. 2, § 302 Nr. 1, § 174 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 08.05.2007; Aktenzeichen 13 O 277/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8.5.2007 verkündete Urteils der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Frankfurt/O., Az.: 13 O 277/06, abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Teilwiderspruch des Beklagten unbegründet ist, der sich gegen den von der Klägerin im Insolvenzverfahren über sein Vermögen vor dem AG Frankfurt/O., Az.: 3.3 IN 269/05, zur Tabelle zur lfd. Nr. 14 angegebenen Rechtsgrund "aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" für einen Teilbetrag i.H.v. 5.600 EUR der angemeldeten Schadensersatzforderung wendet.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hatte den Beklagten vor dem LG Berlin wegen der Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung in Anspruch genommen. Dort verglichen sich die Parteien dahin, dass der Beklagte an die Klägerin 7.600 EUR zu zahlen habe, davon 5.600 EUR als Gesamtschuldner neben dem gesondert verklagten N.. Die Klägerin hat im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten als Hauptforderung diesen Betrag i.H.v. 7.600 EUR mit dem Forderungsattribut "Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" zur Tabelle angemeldet. Der Beklagte hat dieser Qualifizierung i.H.v. 5.600 EUR widersprochen; i.H.v. 2.000 EUR nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und den Berichtigungsbeschluss vom 6.6.2007 Bezug genommen. Das LG hat mit dem der Klägerin am 22.5.2007 zugestellten Urteil die Klage abgewiesen. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen. In der Parallelsache gegen N. hat das LG Berlin (Az.: 24 O 369/06) der Klage der Klägerin stattgegeben. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das am 30.10.2007 verkündete Urteil des LG Berlin Bezug genommen.
Die Klägerin hat mit einem am 20.6.2007 bei dem OLG Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am Montag den 23.7.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit Beschluss vom 1.2.2008 hat der Senat u.a. darauf hingewiesen, dass er dazu neige, entgegen der vom LG Frankfurt/O. vertretenen Auffassung dem Feststellungsbegehren der Klägerin stattzugeben. Unter dem 7.3.2008 hat das KG im Parallelverfahren angekündigt, dass es beabsichtige, die Berufung des dortigen Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Verfügung des KG vom 7.3.2008 Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 20.3.2008, Bl. 182 bis 188 d.A.).
Die Klägerin wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Entscheidung des LG. Im Übrigen verweist sie auf die Hinweise des KG und führt noch aus, der Anspruchsgrund (Anspruch auf Schadensersatz aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung) müsse sich nicht ausdrücklich aus dem Titel selbst ergeben, welcher vorliege und der der Forderung zur Insolvenztabelle zugrunde liege. Es genüge, wenn die Auslegung des Titels ergebe, dass er auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe. Da es keinen anderen Schuldgrund geben könne, sei der (Teil-) Widerspruch des Beklagten unbegründet. Eine richterliche Schlüssigkeitsprüfung habe auf jeden Fall stattgefunden; ausweislich des Protokolls des LG Berlin vom 6.6.2005 (vgl. Bl. 101 ff. der Beiakten 24 O 7/...